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Bewegung bei der Grunderwerbsteuer – erhöhte Aufmerksamkeit bei share deals ist künftig das Gebot der Stunde

28. April 2021

Das Grunderwerbsteuergesetz besteuert nicht nur den unmittelbar auf den Erwerb eines Grundstücks gerichteten Vorgang. Vielmehr kennt es diverse Ersatztatbestände, insbesondere solche, die den mittelbaren Grundstückserwerb durch Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an grundbesitzhaltenden Gesellschaften in den Blick nehmen.

Derzeit kann man aber mit geschickter Gestaltung im Rahmen eines share deals, bei dem Anteile an Grundbesitz haltenden Gesellschaften veräußert werden, den Anfall von Grunderwerbsteuer vermeiden und dabei trotzdem nahezu sämtliche Anteile übertragen. Werden weniger als 95% der Anteile übertragen, löst dies keine Grunderwerbsteuer aus. Diese Regelung gilt – mit geringfügigen Unterscheidungen – sowohl für Personen- als auch für Kapitalgesellschaften und findet sich in § 1 Abs. 2a und § 1 Abs. 3 GrEStG.

Der Gesetzgeber sieht in diesen gesetzlich vorgegebenen Gestaltungsmöglichkeiten eine erhöhte Missbrauchsgefahr und plante daher schon seit längerem eine Reform des Grunderwerbsteuergesetzes. Am 21. April 2021 hat der Bundestag nunmehr das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes auf Grundlage des Regierungsentwurfs verabschiedet.

Was ändert sich?

Die Vermeidung der Grunderwerbsteuer in share-deal-Fällen wird merklich schwieriger.

Die maßgebliche Beteiligungsquote wird von 95% auf 90% gesenkt. Das bedeutet, dass bereits bei einem Anteilsverkauf in Höhe von 90% künftig Grunderwerbsteuer anfällt, wenn die veräußerte Gesellschaft Grundbesitz hält. Nicht angerührt wird dagegen die Privilegierung bezüglich Umstrukturierungen im Konzern in § 6a GrEStG.

Bei grundstückshaltenden Personengesellschaften gilt aktuell, dass Änderungen im Gesellschafterbestand in Höhe von mindestens 95% innerhalb von fünf Jahren relevant sind. Werden mithin zunächst 40% der Anteile und sechs Jahre später nochmals 55% an bisher unbeteiligte Dritte veräußert, löst dies keine Grunderwerbsteuer aus. Diese Haltefrist wird im neuen Gesetz auf zehn Jahre verdoppelt. Im soeben skizzierten Beispiel fiele daher künftig Grunderwerbsteuer an. Die Erhöhung der Haltefristen wirkt sich auch bei den besonderen Befreiungstatbeständen im Zusammenhang mit Gesamthandsgemeinschaften in §§ 5 und 6 GrEStG aus. Dabei kann sich in solchen Fällen, in denen es um den Übergang des Grundeigentums von einer Gesamthand an die Gesamthänder geht (§ 6 GrEStG), unter bestimmten Voraussetzungen sogar eine 15-jährige Haltefrist ergeben. Geht ein Grundstück von einer Gesamthand (z.B. Eigentum einer GbR) in das Miteigentum der Gesellschafter über, so wird die Grunderwerbsteuer nicht erhoben, soweit die Miteigentumsquote der Beteiligungsquote an der Gesellschaft entspricht. Wird also ein Gesellschafter, der zu 30% an einer Immobilien-GbR beteiligt, 30%iger Miteigentümer eines durch die GbR übertragenen Grundstücks, fällt insoweit keine Grunderwerbsteuer an. Dies gilt künftig nach § 6 Abs. 4 Nr. 1 GrEStG n.F. u.a. dann und soweit nicht, als einer der Gesellschafter seit weniger als 10 Jahren (bisher: 5 Jahren) an der Gesamthand beteiligt ist. Noch strenger sind die Anforderungen an die Haltefrist bei Anteilsvereinigungen und sonstigen Fällen der Ersatztatbestände in § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2 und Abs. 3a GrEStG. Dem (fiktiven) Erwerber des Grundstücks (Gesamthänder) wird die Steuerbefreiung in diesen Fällen gem. § 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG n.F. nur gewährt, falls und soweit er seit 15 Jahren an der Gesamthand beteiligt ist (§ 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG-E). Im Ergebnis wird die Vorbesitzzeit für diesen Sachverhalt (den § 6 Abs. 4 GrEStG derzeit gar nicht ausdrücklich regelt) somit von fünf auf nunmehr 15 Jahre so verdreifacht.

Für die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften galt bislang der Hilfserwerbstatbestand in § 1 Abs. 3 GrEStG, da § 1 Abs. 2a GrEStG sich ausdrücklich auf Personengesellschaften bezieht. § 1 Abs. 3 GrEStG enthält gar keine Haltefristen. Für Kapitalgesellschaften wird nunmehr ein neuer § 1 Abs. 2b GrEStG eingeführt, der sich eng an § 1 Abs. 2a GrEStG orientiert, d.h. auch hier ist Grunderwerbsteuerbarkeit gegeben, wenn innerhalb von zehn Jahren 90% der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Ein sofortiger nicht grunderwerbsteuerbarer Erwerb sämtlicher Anteile ist damit bei Kapitalgesellschaften nicht mehr möglich. Eine Ausnahme kann bei Eingreifen der Konzernklausel gem. § 6a GrEStG zu machen sein. Mit dieser Änderung einher gehen auch neue Anzeigepflichten.

Ab wann gelten die Änderungen?

Die Neuregelungen treten in Kraft zum 1. Juli 2021.

In den Übergangsregelungen wird zudem vorgesehen, dass die alten Regelungen unter bestimmten Bedingungen fortgelten. Man könnte demnach nicht eine Beteiligung von 92% nach dem 1. Juli 2021 auf 99% erhöhen, ohne dass Grunderwerbsteuer anfiele. Für Anteilsvereinigungen bei Kapitalgesellschaften nach bisheriger Gesetzeslage bringt dies eine immerwährende Überwachungsfrist und –pflicht mit sich. Bei den Personengesellschaften wird Vertrauensschutz gewährt, wenn und soweit die bislang geltende Haltefrist (5 Jahre) am 1. Juli 2021 schon abgelaufen war.

Für den neu eingefügten § 1 Abs. 2b GrEStG gilt eine spezielle Übergangsregelung. Vor dem Inkrafttreten dieser Norm bereits übertragene Kapitalgesellschaftsanteile werden für die dort vorgesehene Beteiligungsschwelle demnach nicht mitgerechnet.

Wichtig zu betonen ist auch, dass Anteilsübertragungen, die bis zum 30. Juni 2021 abgeschlossen, aber erst am oder nach dem 1. Juli 2021 dinglich vollzogen werden, den neuen Steuerregelungen unterliegen dürften.

Was könnte noch wichtig werden?

Am 19. November 2020 wurde der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts veröffentlicht, auf dessen Grundlage am 20. Januar 2021 wiederum ein Regierungsentwurf veröffentlicht worden ist. Der dort enthaltene § 713 BGB n.F. ist ein „Paukenschlag“ für das Personengesellschaftsrecht. Hiermit wird nämlich das bislang geltende Gesamthandsprinzip aufgegeben, das ein maßgebliches Abgrenzungskriterium zu den Kapitalgesellschaften darstellt. Künftig sollen auch Personengesellschaften ein originäres Gesellschaftsvermögen haben. Eine Personengesellschaft wird daher bei Inkrafttreten des § 713 BGB in der Entwurfsfassung (voraussichtlich am 1. Januar 2023) nicht mehr als Gesamthand zu qualifizieren sein.

Für das Grunderwerbsteuerrecht dürfte das nach aktuellem Stand bedeuten, dass die besonderen Befreiungstatbestände in §§ 5, 6 GrEStG, die an das Vorliegen einer Gesamthand anknüpfen, weitgehend überflüssig werden (relevant blieben sie u.a. noch für Erbengemeinschaften). Es macht nicht den Eindruck, als habe der Gesetzgeber dies bislang bedacht. Die Grunderwerbsteuerpflicht von Verschiebungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern oder zwischen verschiedenen Gesellschaften mit (teilweise) identischem Gesellschafterbestand dürfte daher künftig eher die Regel als die Ausnahme sein. Jedenfalls für Altfälle sollte der Gesetzgeber hier einen Sicherungsmechanismus vorsehen.

Worauf kommt es also an?

Künftig dürfte Grunderwerbsteuer in deutlich mehr Share deals anfallen. Die dargestellten Änderungen könnten ein hohes Gestaltungshemmnis mit sich bringen. Will man die Steuer vermeiden, müsste der Verkäufer mit mindestens 10,01% in der zu verkaufenden Gesellschaft verbleiben, was oftmals von beiden Seiten nicht gewollt ist. Jedenfalls bedarf die Planung von Unternehmenstransaktionen in der Form des share deals künftig zwingend einer weiteren Position, nämlich der Einbeziehung eines voraussichtlichen Grunderwerbsteueranfalls.

Bei derzeit noch laufenden Transaktionen wird zu prüfen sein, ob Vertragsschluss und dinglicher Anteilsübergang noch vor dem Inkrafttreten des neuen Grunderwerbsteuergesetzes umsetzbar sind, um die Anwendung des alten Rechts zu erhalten.

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