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Mein Kunde hat mit mir Schluss gemacht – Hilft mir das Kartellrecht?

25. November 2020

Die Liebe war schon länger erkaltet, als der Kunde seinem Lieferanten sagte, er werde in Zukunft woanders einkaufen.

Was sagt das Kartellrecht dazu?

In der Marktwirtschaft herrscht grundsätzlich Vertragsfreiheit. Jeder Kunde kann danach grundsätzlich frei entscheiden, wo er einkauft, und wo nicht (mehr).

Das gilt natürlich nur im Rahmen geschlossener Verträge. Hat ein Kunde sich beispielsweise verpflichtet, für einen bestimmten Zeitraum oder in einer bestimmten Menge bei seinem Lieferanten einzukaufen, ist er daran gebunden.

Das gilt aber natürlich nur, wenn diese Verpflichtungen die wettbewerbliche Freiheit des Kunden nicht beschränken oder vom Kartellverbot freigestellt sind. Relevant ist vor allem die Verpflichtung eines Kunden, seinen Gesamtbedarf (nahezu) ausschließlich bei einem Lieferanten zu beziehen (siehe dazu die sog. Vertikal-GVO). Hier schützt das Kartellrecht nicht das Interesse des Lieferanten, seinen Kunden langfristig an sich zu binden, sondern umgekehrt die Freiheit des Kunden, den Lieferanten zu wechseln.

Eine wichtige Ausnahme von diesem Grundsatz

Wenn ein Kunde über besondere Marktmacht verfügt, legt ihm das Kartellrecht allerdings besondere Verhaltenspflichten auf. Besondere Marktmacht kann ein Kunde haben, weil er:

  • auf einem Markt so viel kauft, dass er dort (einkaufs-)/marktbeherrschend ist –  absolute Marktmacht
  • für einen Lieferanten so wichtig ist, dass dieser nicht in zumutbarer Weise einen angemessenen Ersatz finden kann und daher von diesem Kunden abhängig ist – relative Marktmacht. Im Moment gilt das nur, wenn der Lieferant ein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) ist, diese Einschränkung soll mit der 10. GWB-Novelle aber in 2021 entfallen.

In diesen Fällen kann ein Kunde verpflichtet sein, jedenfalls für eine Übergangszeit weiter bei seinem alten Lieferanten zu kaufen (vielleicht in reduzierter Menge), um es ihm zu ermöglichen, neue Kunden aufzubauen. Eine darüber hinausgehende Pflicht, gegen seinen Willen dauerhaft bei einem bestimmten Lieferanten zu kaufen, kann ein Kunde nur in seltenen Ausnahmefällen haben.

Was heißt das für enttäuschte Lieferanten…

  • Sie müssen wissen, dass sie Kunden mit rechtlichen Instrumenten nur in gewissen Grenzen an sich binden können. Die beste langfristige (und immer kartellrechtskonforme) Art der Kundenbindung ist eine kaufmännisch und persönlich solide Kundenbeziehung.
  • Wenn ein Kunde wechseln möchte, verbietet ihm das Kartellrecht das grundsätzlich nicht. Er kann aber verpflichtet sein, bestimmte Übergangsfristen zu wahren.

…und für wechselwillige Kunden?

  • Sie haben das Kartellrecht weitgehend auf ihrer Seite. Es schützt sie vor zu weitgehenden Bindungen an einen Lieferanten. Wenn solche Bindungen vertraglich vereinbart wurden, sollten Kunden prüfen, ob sie kartellrechtskonform sind, denn sonst sind sie unwirksam. Wir sehen häufig Verträge, die unwirksame Beschränkungen zu Lasten von Kunden enthalten.
  • Wenn sie besonders marktmächtig sind, sei es im Gesamtmarkt oder gegenüber dem Lieferanten, sollten sie vor Beendigung der Beziehung prüfen, ob sie (ausnahmsweise) Besonderes dabei beachten müssen. Das gilt erst Recht, wenn die besagte 10. GWB-Novelle in Kraft ist.

Zum Schluss noch einen Tipp: Deutlich überschießende Verpflichtungen im Verhältnis Lieferant/Kunde können Ordnungswidrigkeiten darstellen. Dann sind sie auch für die Compliance-Funktion im Unternehmen relevant.

 

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