Der russische Angriff auf die Ukraine hat eine Welle der Solidarität in Deutschland und weltweit ausgelöst. Millionen Flüchtige werden – teilweise in Privatunterkünften, teilweise in ansonsten gewerblich genutzten Objekten – untergebracht, Spenden werden geleistet oder sonstige Geschenke gemacht. Wer sich gesamtgesellschaftlich engagiert, denkt meist nicht über rechtliche oder steuerliche Folgen seines Tuns nach. Dabei können diverse Hilfsmaßnahmen durchaus steuerliche Auswirkungen haben, die nicht grundsätzlich erwünscht sind.
Steuerliche Folgen des Ukraine-Kriegs
17. May 2022
Worum geht es?
Wer eine Spende leistet, kann diese unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich absetzen. Das ist aber nur möglich, wenn der Spendenempfänger eine entsprechende Zuwendungsbescheinigung („Spendenquittung“) vorlegt. Dieser Verwaltungsaufwand könnte für solche Empfänger, die Spenden zwecks Unterstützung ukrainischer Flüchtiger einsammeln, zum derzeitigen Zeitpunkt „zu viel“ sein.
Eine weitere Problematik ist die Überlassung von Sachmitteln und Räumlichkeiten für Flüchtige. Hierbei stellen sich v.a. umsatzsteuerliche Probleme.
Um gesellschaftliches Engagement nicht steuerlich zu „bestrafen“, hat das Bundesfinanzministerium am 17. März 2022 ein BMF-Schreiben veröffentlicht.
Welche Maßnahmen werden begünstigt?
1. Spendenabzug
Im Zusammenhang mit Spenden für von dem Ukraine-Krieg betroffene Personen wird aufgrund des BMF-Schreibens der Spendennachweis erleichtert. Es ist für derartige Spenden keine echte Spendenquittung erforderlich. Werden Spenden mit einem Bezug zum Ukraine-Krieg auf ein dafür eingerichtetes Sonderkonto der öffentlichen Hand oder eines anerkannten Wohlfahrtsverbands bzw. deren Mitglieder eingezahlt, genügt als Nachweis gegenüber dem Finanzamt der Einzahlungsbeleg bzw. die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts.
Werden Aufwendungen nicht als Spende, sondern mit der Aussicht auf wirtschaftliche Vorteile getätigt (z.B. durch aktive „Bewerbung“ der Unterstützungstätigkeit), können diese als Betriebsausgaben abgezogen werden, da hierin eine Sponsoring-Maßnahme gesehen wird.
2. Gemeinnützigkeit wird nicht in Frage gestellt
a. Gemeinnützige Körperschaften, die Spenden für ukrainische Kriegsflüchtige oder ähnliche Zwecke sammeln und hierzu aufrufen, können nach allgemeinen Grundsätzen ihre Gemeinnützigkeit gefährden, sofern diese Tätigkeit sich außerhalb ihres satzungsmäßigen Förderungszwecks bewegen sollte. Hiervon macht das genannte BMF-Schreiben allerdings eine Ausnahme. Das bedeutet, dass jede gemeinnützige Körperschaft zum Aufruf von Spenden für ukrainische Flüchtige aufrufen, diese einsammeln und entsprechend verwenden darf, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden, selbst wenn ihre geförderten Zwecke in keinerlei Bezug zur Unterstützung ukrainischer Kriegsflüchtiger stehen.
b. Auch die Verwendung vorhandener Mittel einer gemeinnützigen Körperschaft zur Unterstützung ukrainischer Kriegsflüchtiger ist steuerlich nicht zu beanstanden. Damit wird eine Ausnahme von dem Grundsatz gemacht, dass Mittel der gemeinnützigen Körperschaft grundsätzlich nur für ihre Satzungszwecke verwendet werden dürfen.
c. Auch eine Unterbringung von Kriegsflüchtigen in Einrichtungen einer gemeinnützigen Körperschaft ist grundsätzlich denkbar. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Einrichtung einen Zweckbetrieb darstellt oder innerhalb des Rahmens einer Vermögensverwaltung von der gemeinnützigen Körperschaft gehalten wird. Auch hieraus entstehen aufgrund des BMF-Schreibens keine steuerlichen Nachteile. Die zur Verfügung gestellten Räume, Sachmittel und Ähnliches werden einem etwaig vorhandenen Zweckbetrieb zugeordnet. Insbesondere kann aufgrund eines solchen Tätigwerdens also kein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb entstehen.
3. Unterbringungen
Generell spielt die steuerliche Behandlung der Unterbringung von Kriegsflüchtigen in dem BMF-Schreiben die wichtigste Rolle.
a. Durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts
Das BMF-Schreiben fingiert, dass eine Unterbringung von ukrainischen Kriegsflüchtigen in Räumlichkeiten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts generell deren hoheitlichem Bereich zuzuordnen ist. Dies gilt insbesondere auch bei einer entgeltlichen Unterbringung der Flüchtigen. Damit ist unter anderem klargestellt, dass eine entsprechende Unterbringung kein unternehmerisches Handeln der juristischen Person des öffentlichen Rechts darstellt, welches ansonsten grundsätzlich insbesondere umsatzsteuerliche Folgen haben kann.
b. Unterbringung im Übrigen
Sofern andere als juristische Personen des öffentlichen Rechts (Privatpersonen, juristische Personen des Privatrechts, Personengesellschaften etc.) ukrainischen Kriegsflüchtigen Unterkunft gewähren, kann dies grundsätzlich umsatzsteuerlich nachteilige Folgen haben. Wird z.B. in einem Objekt, für das insgesamt im Rahme der Vermietung zur Umsatzsteuer optiert worden ist, Wohnraum ohne Berechnung von Umsatzsteuer (insbesondere unentgeltlich) an ukrainische Flüchtlinge überlassen, kann dies eine anteilige Gefährdung des Vorsteuerabzugs mit sich bringen, da insoweit eine vorsteuerschädliche Nutzung vorliegt. Das gleiche gilt für eine mögliche Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG. Sofern das betroffene Gebäude innerhalb der letzten 10 Jahre hergestellt oder angeschafft wurde und im Rahmen der Anschaffung und Herstellung aus Eingangsleistungen Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde, kann eine schädliche Nutzungsänderung innerhalb des Berichtigungszeitraums dazu führen, dass die Vorsteuer aus den Eingangsleistungen nachträglich anteilig zu berichtigen sein wird. Auch hiervon macht das BMF-Schreiben im Falle der unentgeltlichen Unterbringung ukrainischer Kriegsflüchtiger eine Ausnahme.
4. Unentgeltliche Überlassung von Gegenständen oder Personal
Sachspenden zugunsten ukrainischer Flüchtlinge sollen nach dem BMF-Schreiben keine umsatzsteuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe darstellen, wenn sie an bestimmte (steuerbegünstigte) Einrichtungen erfolgen. Auch um den Vorsteuerabzug müssen sich die Spender in diesem Fall keine Sorgen machen.
Zu beachten ist aber, dass Direktspenden an Flüchtlinge damit nicht in dieser Weise begünstigt sind.
Wie lange gelten diese Vergünstigungen?
Die vorstehend beschriebenen steuerlichen Vergünstigungen betreffen alle Maßnahmen zu Gunsten ukrainischer Kriegsflüchtiger, die bis einschließlich 31.12.2022 vorgenommen werden.