VK Bund, Beschluss vom 02.06.2021 – VK 2-47/21
1:0 für die Projektsteuerung in der Auseinandersetzung um die Abgrenzung von technischen Beratungs- zu Rechtsdienstleistungen im Vergabeverfahren
18. August 2021
Sachverhalt
Die Auftraggeberin hatte einen europaweiten Beschaffungsauftrag über eine Rahmenvereinbarung zur Unterstützung bei der Durchführung von Vergabeverfahren ausgeschrieben. In der Leistungsbeschreibung präzisierte sie, dass der Auftragnehmer über langjährige Erfahrung in der Ausschreibung sowie über eingehende Kenntnisse der vergaberechtlichen Regelungen verfügen müsse. Auf Nachfrage eines Bieters stellte die Auftraggeberin klar, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit auf der Verfahrensdurchführung liege und eine Rechtsberatung nicht Gegenstand sei. Dagegen wendete sich eine Rechtsanwaltsgesellschaft, ohne Abgabe eines Angebotes, im Wege eines Nachprüfungsverfahrens. Sie argumentierte, dass es sich bei den zu beauftragenden Leistungen um Rechtsdienstleistungen nach § 2 Abs. 1 RDG handele, die in einem gesonderten Fachlos vergeben werden müssten.
Entscheidung
Dieser Auffassung folgt die Vergabekammer nicht! Die Ausschreibung hatte vornehmlich die einheitlich beratende bzw. unterstützende Tätigkeit bei der Durchführung von Vergabeverfahren nach vergaberechtlichen Vorschriften zum Inhalt. Solche seien keine Rechtsberatungs- oder Rechtsdienstleistungen nach § 2 RDG. Die Kammer grenzt die rein schematische Anwendung von Rechtsnormen gegenüber Rechtsdienstleistungen ab. Eine Rechtsdienstleistung zeichne sich dadurch aus, dass eine Einzelfallprüfung durch konkrete Subsumtion eines Sachverhaltes ihren Schwerpunkt bilde. Die Auftraggeberin hatte hier aber lediglich eine Entlastung nach Art einer Vergabestelle beschaffen wollen und dies auch kommuniziert. Entscheidend sei, dass die Tätigkeit keine Wertungsentscheidungen, sondern lediglich eine Auswertung in formaler Hinsicht, beinhalte. Unter diesen Umständen handele es sich bei den rein technisch-wirtschaftlichen Unterstützungsleistungen nicht um Rechtsdienstleistungen. Aus diesem Grund sei auch keine weitere Unterteilung in Fachlose geboten.
Praxishinweis
In dem konkreten Fall beinhaltete die Ausschreibung ausschließlich die schematische Durchführung und Unterstützung bei Vergabeverfahren. Wertungsentscheidungen und rechtliche Detailfragen wurden der Entscheidung durch die Auftraggeberin vorbehalten. Hierin sieht die Kammer vor allem den Unterschied zu Rechtsdienstleistungen. Demnach können auch Projektmanager und Projektsteuerer bei der Beschaffung unterstützend tätig werden. Es sollte allerdings in den Ausschreibungsunterlagen klargestellt werden, dass keine Rechtdienstleistungen Gegenstand der Ausschreibung sind und Wertungsentscheidungen beim Auftraggeber verbleiben.
Autor: Daniel Hansen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Standort Düsseldorf