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Projektmanagement Bau, quo vadis? – Prioritäten für Projektmanager:innen in einem Markt im Wandel

04. September 2025

Die Projektsteuerung ist im Markt etabliert: AHO-Heft 9 prägt Leistungsbilder und Verträge, Rollen und Schnittstellen sind klarer denn je. Gleichzeitig erhöhen Fachkräftemangel, Nachhaltigkeit (ESG) und Digitalisierung den Druck auf Organisation, Verträge und Methoden. Für Projektmanager:innen heißt das: Standards beherrschen, Laufzeiten und Daten professionell steuern – und Projekte mit Lean, BIM und klaren KPIs durch unsichere Phasen führen.

Wo der Markt heute steht

Projektmanagement unterstützt den Bauherrn in Organisation, Qualitäten, Kosten, Terminen und Verträgen. Der DVP-Markt ist breit, überwiegend mittelständisch geprägt; häufig werden Vollleistungsbilder nach AHO-Heft 9 mit pauschaler Vergütung vereinbart. Neben der klassischen Projektsteuerung haben sich Varianten wie Projektleitung/Projektsteuerung, Multiprojekt- und Nutzerprojektmanagement etabliert. Das Leistungsbild ist ausdifferenziert, mit messbaren Lieferobjekten, definierten Schnittstellen und einer Honorartafel. Die Konsequenz für die tägliche Praxis: Erwartet werden belastbare Ergebnisse, nachvollziehbare Berichte und ein wirksames Änderungs- und Laufzeitmanagement.

Drei Trends, die Ihre Arbeit bestimmen

Fachkräftemangel. Erfahrene PM-Profile sind knapp, eingespielte Teams selten. Externe Unterstützung und digitale Zusammenarbeit nehmen zu – mitsamt dem Bedarf, Seniorität verbindlich zu sichern.
Nachhaltigkeit. ESG-Vorgaben und Zertifizierungssysteme (z. B. DGNB, BNB, LEED, BREEAM) werden früh projektprägend. Aus dem Steuerungsdreieck wird ein „Sechseck“: Kosten, Termine, Qualitäten plus Nachhaltigkeit, Daten und Risiken.
Digitalisierung. BIM/5D, CDE-Plattformen, BCF-basierte Prüfläufe und Dashboard-Reporting verändern Rollen und Abläufe; klassische Monatsberichte weichen Live-Kennzahlen.

Verschiebungen im Umfeld

Projektstörungen und Laufzeitverlängerungen sind zur Regel geworden – Pauschalen geraten unter Druck, Nachträge nehmen zu. Objekttypen verändern sich (mehr Bestand, Infrastruktur, Health Care; hinzu Logistik- und Datencenter), während GU/TU-Modelle und Partnering zunehmen. Parallel verschärft sich der Wettbewerb durch große Planungsgruppen und interprofessionelle Gesellschaften. Für Projektmanager:innen bedeutet das: Profil schärfen, Schnittstellen neu zuschneiden und Controllingrollen an neue Vergabeformen anpassen.

Neue Aufgaben & Werkzeuge – was jetzt zählt

ESG operativ machen. Zertifizierung früh integrieren, Auditoren einbinden, Nachweise und Meilensteine festlegen. Nachhaltigkeit gehört in Zielsysteme, Verträge und das regelmäßige Reporting.
Lean-Methoden. Last-Planner-Systeme stabilisieren Takte in Planung und Bau; klare Rollen, Meetings und Eskalationspfade gehören ins Projekthandbuch.
BIM & 5D-Führung. AIA/LOIN definieren, BAP und CDE-Nutzung vereinbaren, Modellabgaben und BCF-Prozesse festhalten. Termin- und Kostensteuerung aus Modellen ableiten – und baubetrieblich bewerten.
Dashboards statt Datenfriedhof. Wenige, eindeutige KPIs entlang der AHO-Handlungsbereiche, Live-Status für Entscheidungen; Datenhoheit und Updatepflichten eindeutig regeln.
KI & Automation. Protokoll-Entwürfe, Dokumentklassifizierung und Trendhinweise unterstützen – mit fachlicher Endkontrolle und klaren Datenschutzregeln.

Handlungsempfehlungen für Projektmanager:innen

  1. Leistungsbild präzisieren. Project Governance, Lieferobjekte und Grenzen der Projektsteuerung nach AHO 9 schriftlich fixieren – inklusive Rollen für BIM, Lean und Zertifizierung.
  2. Laufzeiten absichern. Pauschalen mit Anpassungsklauseln verknüpfen (Störungen, zusätzliche Schleifen, Mehraufwand durch neue Vorgaben). Change-Prozess sowie Dokumentationspflichten vertraglich verankern.
  3. Daten regeln. CDE-Verbindlichkeit, Datenformate, Zugriffsrechte, Archivierung und KPI-/Dashboard-Pflichten definieren; Doppelerfassungen vermeiden.
  4. Seniorität sichern. Key-Person- und Vertretungsregeln, Mindestpräsenz, qualifizierte Freelancer-Integration sowie Wissenssicherung im Team vereinbaren.
  5. Methoden verbindlich machen. Last Planner, BCF-Workflows und Review-Kadenzen im Projekthandbuch festlegen; Schulungen früh terminieren.
  6. Controlling an Vergabestrategien anpassen. Bei GU/TU/Partnering Schnittstellen und Prüfpflichten schärfen; Zugang zu Echtzeitdaten vertraglich sichern.
  7. Risikofrüherkennung stärken. Behinderungen, Bedenken, Nachträge und Terminabweichungen systematisch erfassen, mit 5D-Auswirkungen verknüpfen und entscheidungsreif berichten.
  8. Portfolio ausrichten. Kompetenzen und Referenzen für Bestand, Infrastruktur, Health Care sowie Logistik/Datencenter gezielt aufbauen.

Fazit

Das Gerüst steht, die Anforderungen steigen: Wer AHO-Standards, Daten- und Laufzeiten sauber steuert, Lean und BIM wirksam kombiniert und Seniorität sichert, bleibt wirtschaftlich handlungsfähig – auch in volatilen Projekten.

 

FAQ: Häufig gestellte Fragen

1. AHO-Heft 9: Pflicht oder Kür?

Rechtlich keine Pflicht, faktisch Marktstandard. Nutzen Sie AHO 9 als Referenz, beschreiben Sie Abweichungen und Lieferobjekte präzise – das erleichtert Nachweisführung, Reporting und Vergütung.

2. Wie sichere ich Pauschalhonorare bei Laufzeitverlängerungen ab?

Mit Anpassungsklauseln (Störungen, zusätzliche Schleifen, neue Stakeholdervorgaben), einem klaren Change-Prozess und laufender Behinderungs-/Nachtragsdokumentation. Wichtig sind Meilensteine, Entscheidungsfristen und Eskalationswege.

3. Was gehört in BIM-Verträge aus PM-Sicht?

AIA/LOIN, BAP, CDE-Pflichten, BCF-Prozesse, Modellabgaben (Stand, Tiefe, Prüfungen) sowie Regelungen zu Nutzungsrechten und Haftung. Verknüpfen Sie Termin- und Kostenführung mit den Modellen (5D) und benennen Sie Verantwortliche für Auswertungen.

4. Lean (Last Planner) – wann lohnt sich der Einsatz?

Bei komplexen Projekten fast immer: Takt- und Kurzzyklussteuerung stabilisieren Abläufe. Voraussetzungen sind geschulte Facilitators, verbindliche Routinen und klare Schnittstellen zu Termin- und Kapazitätsplanung.

5. ESG in der Steuerung – wie wird es handhabbar?

Früh Zielbild und Zertifizierungssystem wählen, Rollen (Auditor, Nachweisführung) zuweisen, Kriterien in Meilensteine/KPIs übersetzen und im Dashboard führen. Zielkonflikte (Kosten/Termine/Qualitäten) transparent machen.

6. GU/TU oder Partnering: Was ändert sich für die Projektsteuerung?

Ein Teil der Steuerungsaufgaben verlagert sich; Ihre Rolle wird stärker Controlling- und Schnittstellenorientiert. Sichern Sie Dateneinblick in Echtzeit, klare Prüf-/Freigaberollen und Konfliktlösungsmechanismen.

7. Wie verhindere ich „Datenfriedhöfe“ im CDE?

Mit einheitlichen Formaten, eindeutigen Verantwortlichkeiten, Versionierung und KPI-orientiertem Dashboard. Doppelerfassungen vermeiden, Zuständigkeiten für Datenqualität festlegen und Updates terminieren.

8. Welche Senioritätsanforderungen sollte ich vertraglich fixieren?

Key-Person-Klauseln, Mindestpräsenz/Verfügbarkeit, Qualifikationsprofile, Ersatzregelungen und Mitwirkungspflichten des Auftraggebers. So halten Sie Qualität – und vermeiden Diskussionen im Projektverlauf.

9. KI im PM – wofür ist sie heute sinnvoll?

Für Protokoll-Entwürfe, Dokumentklassifizierung und Trend-/Risiko-Hinweise. Immer mit fachlicher Endprüfung, klaren Datenschutzvorgaben und dokumentierter Verantwortung.

10. Welche KPIs eignen sich für Dashboard-Reporting?

Projektabhängig, bewährt sind: Terminmeilensteine (Plan/Ist), kritischer Pfad, Kostenprognose/Trend, Nachtragsstatus, Mängel- und Risikoentwicklung, ESG-Kernkriterien sowie Entscheidungsstaus – jeweils mit Ampellogik und kurzen Handlungsempfehlungen.

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