ARGEN und BIEGEN – worauf muss man achten?
07. December 2020
Vereint geht alles besser – erst recht bei großen Projekten.
Das Kartellrecht verlangt aber eigentlich das Gegenteil: Unternehmen sollen autonom am Markt agieren und sich nicht mit ihren Konkurrenten zusammentun. Dadurch sollen Wettbewerb und eine breite Auswahl für Kunden sichergestellt werden.
ARGEN und BIEGEN sind also Ausnahmen von der Regel?
Ja, wenn an ihnen Wettbewerber beteiligt sind. Dann sind sie grundsätzlich nur erlaubt, wenn die beteiligten Unternehmen alleine keine Angebote abgeben oder den Auftrag nicht abwickeln könnten.
Aus Sicht des Wettbewerbs und der Kunden ist diese Ausnahme vom Kartellverbot sinnvoll: Lieber eine Gruppe von Wettbewerbern, die gemeinsam ein Angebot abgibt, als einzelne Wettbewerber, die aus bestimmten Gründen keine Angebote legen können. Der Wettbewerb wird durch die Zusammenarbeit erweitert.
Wann können Wettbewerber nicht alleine anbieten oder leisten?
In Praxis und Rechtsprechung gibt es im Wesentlichen drei Fallgruppen:
- Technische Unmöglichkeit: Ein Bieter alleine kann eine Leistung nicht erbringen, z.B. weil ihm Ausrüstung fehlt oder er nicht genügend freie Kapazitäten hat.
- Rechtliche Unmöglichkeit: Ein Bieter darf alleine nicht anbieten oder leisten, z.B. weil ihm eine notwendige Zertifizierung fehlt.
- Wirtschaftliche Unmöglichkeit: Es wäre wirtschaftlich nicht zweckmäßig und kaufmännisch nicht vernünftig, alleine ein Angebot zu legen. Diese Fallgruppe ist die unbestimmteste; Kartellbehörden legen hier zum Teil strikte Maßstäbe an. Dann reicht es nicht, dass ein gemeinsames Angebot kaufmännisch sinnvoller ist, sondern allein zu bieten muss wirtschaftlich nicht vertretbar möglich sein.
Daneben kann eine ARGE/BIEGE zulässig sein, wenn das gemeinsame Angebot erhebliche wettbewerbsfördernde Elemente enthält, z.B. einen deutlich günstigeren Preis für den Auftraggeber als bei eigenständigen Angeboten.
Keine zulässige Rechtfertigung für eine BIEGE oder ARGE ist es, dass Unternehmen Wettbewerb untereinander vermeiden möchten oder sich „nicht die Preise kaputt machen“ möchten.
Sind ARGEN und BIEGEN bei den Kartellbehörden anmeldepflichtig?
Wenn die Partner keine gemeinsame Gesellschaft gründen (z.B. eine Projektgesellschaft) meistens nicht.
Es gibt aber Ausnahmefälle, z.B. wenn eine BIEGE oder ARGE organisatorische Strukturen schafft wie ein Unternehmen (z.B. eigene Räumlichkeiten und Mitarbeiter) oder aufgrund der Art des Projekts längerfristig am Markt tätig wird. Dann kann sie kartellrechtlich als Unternehmen anzusehen sein, dessen Gründung der Fusionskontrolle unterfällt und vorab bei den zuständigen Kartellbehörden angemeldet werden muss.
Worauf sollten Unternehmen besonders achten?
- Wenn Wettbewerber als BIEGE oder ARGE kooperieren, benötigen sie dafür einen legitimen Grund, den sie wenn nötig auch darlegen und beweisen können.
- Wenn die Kooperation über „klassische“ ARGEN oder BIEGEN hinausgeht, sollte vorab geprüft werden, ob eine Anmeldung bei den Kartellbehörden nötig ist.
- Außerhalb der Kooperation bleiben die Partner Konkurrenten und dürfen ihr Verhalten nicht abstimmen. Die ARGE-Besprechung darf nicht als allgemeines Kartelltreffen missbraucht werden. Insbesondere dürfen nur die für die Projektbewerbung und -abwicklung erforderlichen Informationen ausgetauscht werden.
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