Der 19. April 2023 scheint dieses Jahr der Tag zu werden, an dem die Änderungen im Bereich der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes in Deutschland Fahrt aufnehmen. Erst teilte die Bundesregierung mit, dass die 2. Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Bundeskabinett beschlossen wurde, dann einigte sich die Bundesregierung auf ein neues Förderkonzept für erneuerbare Heizungen bevor abschließend über den Beschluss zum neuen Energieeffizienzgesetz informiert wurde.
Alles neu – Vielzahl von gesetzlichen Änderungen angekündigt
28. April 2023
Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)
Der Beschluss des Gesetzesentwurfs zur Novelle des GEG sieht vor, dass der Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen und der Warmwasseraufbereitung eine gesetzliche Grundlage findet und hiermit die Dekarbonisierung des Wärmebereichs unterstützt wird. Ganz konkret ab dem Jahr 2024 muss zu 65% erneuerbare Energie beim Einbau neuer Heizungen eingesetzt werden. Nicht betroffen von der Novelle des Gesetzes sind bestehende Heizung; auch defekte Heizungen können repariert werden. Die große Herausforderung, Heizen auf erneuerbare Energien umzustellen, wird pragmatisch durch Übergangsfristen umgesetzt. Ein erster Kurzüberblick über die Novelle zeigt:
- Ab dem 1. Januar 2024 muss jede neu eingebaute Heizung (in Neubau und Bestandsgebäuden, Wohn- und Nichtwohngebäude) mindestens 65% erneuerbare Energie nutzen. Bestehende Heizungen sind nicht betroffen und können weiter genutzt werden. Auch Reparaturen sind weiter möglich. Enddatum für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Heizungen ist der 31. Dezember 2044.
- Technologieoffenheit: Um die Pflicht zur Nutzung von mindestens 65% erneuerbarer Energien in neu eingebauten Heizungen zu erfüllen, kann entweder eine individuelle Lösung umgesetzt werden und der Erneuerbaren-Anteil (mind. 65%) rechnerisch nachgewiesen werden oder zwischen verschiedenen gesetzlich vorgesehenen pauschalen Erfüllungsoptionen frei gewählt werden (z.B. Wärmenetz, - pumpe). Zudem gibt es die Möglichkeit von sog. „H2-Ready“-Gasheizungen (Heizungen, die auf 100 % Wasserstoff umrüstbar sind). Für bestehende Gebäude sind weitere Optionen möglich: Biomasseheizung, Gasheizung, die nachweislich erneuerbare Gase nutzt (mindestens zu 65% Biomethan, biogenes Flüssiggas oder Wasserstoff).
- Übergangsfristen und Ausnahmen: Ist die Heizung defekt und kann nicht mehr repariert werden – so genannte Heizungshavarie – greifen Übergangsfristen (3 Jahre; bei Gasetagen bis zu 13 Jahre). Vorübergehend kann eine (ggf. gebrauchte) fossil betriebene Heizung eingebaut werden. Soweit ein Anschluss an ein Wärmenetz absehbar ist, gelten Übergangsfristen von bis zu 10 Jahren.
- Befreiung: Aufgenommen wurde auch eine Befreiung von der Heizen-mit- Erneuerbaren-Vorgabe für über 80-jährige Gebäudeeigentümer, die ein Gebäude mit bis zu sechs Wohnungen selbst bewohnen oder im Fall von Etagenheizungen von Wohnungseigentümern. Hier soll im Havariefall die Pflicht zur Umstellung auf Erneuerbares Heizen entfallen.
- Allgemeine Härtefallregelung, bei der geprüft wird, ob die notwendigen Investitionen in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag oder in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. Auch Fördermöglichkeiten und Preisentwicklungen fließen hier ein.
- Finanzielle Unterstützung: in Form von Zuschüssen, Krediten oder den bereits vorhanden Möglichkeiten für Steuergutschriften.
Das Gebäudeenergiegesetz wird nun dem Bundestag und Bundesrat zugeleitet. Wir informieren Sie an dieser Stelle über die Entwicklungen.
Förderkonzept für erneuerbares Heizen
Im Einklang mit der Novelle des GEG steht die Anpassung des Förderkonzepts für erneuerbare Heizungen, die in die Förderstruktur des BEG (Bundesförderung für effiziente Gebäude) eingegliedert werden. Die bestehenden Fördermittel des BEG bleiben dabei erhalten.
Insbesondere selbst genutztes Wohneigentum und private Kleinvermieter sollen für den Tausch der alten fossilen gegen eine neue klimafreundliche Heizung Fördermittel von 30% erhalten. Werden hierbei gesetzliche Anforderungen übererfüllt, kann zusätzlich 10% Förderung erzielt werden. Dieser Zuschlag wird auch bei Havariefällen gewährt, wenn die Anforderungen mit der neuen Heizung übererfüllt werden. Daneben stehen mit Förderkrediten Möglichkeiten zur Verfügung, die finanziellen Belastungen zeitlich zu strecken. Auch die Möglichkeiten der steuerlichen Abschreibung als alternatives Instrument bleiben bestehen. Neu hinzu kommen sogenannte Klimaboni, die für den Austausch ineffizienter Heizungen gezahlt werden (maximal 20% Förderung).
Energieeffizienzgesetz (EnEfG)
Nach dem Vorbild der EU-Energieeffizienzrichtline, die bereits Bestandteil des EU „Fit for 55“ Paket war, ist das Energieeffizienzgesetz, das Ziele für die Senkung des Energieverbrauchs festlegt, aufgesetzt.
Auf EU-Ebene wurde erst zum 10. März 2023 zwischen Ratsvorsitz und Europäischem Parlament eine Einigung erzielt, dass der Endenergieverbrauch auf EU-Ebene um 11,7% bis 2030 gesenkt wird. Die Flexibilität, die den Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung gewährt wurde, nutzt Deutschland nun mit diesem Gesetzt. Die konkreten Einsparmaßnahmen des Energieeffizienzgesetzes ergänzen bestehende Fachgesetze, wie z.B. das GEG, aber auch Förderprogramme und ökonomische Anreize zur Senkung des Energieverbrauchs.
Neben Zielen für Bund und Länder enthält das EnEfG auch Regelungen für Unternehmen und die Privatwirtschaft. Diese sind:
1. Einführung von Energie- oder Umweltmanagementsystemen für Unternehmen: Mit dem EnEfG werden Unternehmen mit einem großen Energieverbrauch (Jahresenergieverbrauch von mehr als 15 GWh) verpflichtet, Energie- oder Umweltmanagementsysteme einzuführen und wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahmen in konkreten Plänen zu erfassen und zu veröffentlichen. Über die konkrete Effizienzmaßnahme entscheiden die Unternehmen.
2. Anforderungen an Energieeffizienz- und Abwärme für Rechenzentren: Neue Rechenzentren werden zur Einhaltung von Energieeffizienzstandards, einer minimalen Temperatur für die Luftkühlung sowie zur Abwärmenutzung verpflichtet. Bestandsanlagen sollen auf die Effizienz es Stromeinsatzes achten. Insgesamt werden Betreiber von Rechenzentren dazu aufgefordert künftig verstärkt Strom aus erneuerbaren Energien nutzen.
3. Vermeidung und Verwendung von Abwärme: Abwärme soll künftig besser genutzt werden. Hierzu werden Unternehmen verpflichtet, Abwärme aus Produktionsprozessen zu vermeiden oder, soweit eine Vermeidung nicht möglich ist, zu verwenden (Abwärmenutzung).