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Wasserstoff als Treibstoff für die Energiewende: Geplante Vereinfachung von Vergabe- und Nachprüfungsverfahren durch das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz

02. August 2024

Im Rahmen der Energiewende wird der Einsatz von Wasserstoff als eine vielversprechende Lösung für die zukünftige Energieversorgung gesehen. Wasserstoff dient sowohl als Energieträger als auch als Transport- und Speichermedium für erneuerbare Energien. Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) hat die Bundesregierung ambitionierte Ziele für den Einsatz klimafreundlicher Wasserstofftechnologien ausgerufen.

Um den Einsatz und die Verfügbarkeit von Wasserstoff voranzutreiben, hat das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) nunmehr einen ersten Entwurf des „Gesetzes zur Beschleunigung der Verfügbarkeit von Wasserstoff und zur Änderung weiterer rechtlicher Rahmenbedingungen für den Wasserstoffhochlauf sowie zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften“ veröffentlicht. 

Artikel 1 dieses Entwurfs enthält das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz (WassBG). Zweck dieses Gesetzes ist die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für den vereinfachten und beschleunigten Auf- und Ausbau einer Infrastruktur insbesondere für die Erzeugung, die Speicherung und den Import von Wasserstoff. Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist in § 2 Abs. 1 WassGB-E u.a. für die Zulassung solcher Anlagen, einschließlich Nebenanlagen, und Leitungen eröffnet, die diesem Zweck entsprechen. Nach Abs. 2 findet das Gesetz zudem Anwendung auf die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen für derartige Anlagen oder Leitungen.

Vorhaben und Projekten im Anwendungsbereich des WassGB-E wird normativ ein überragendes öffentliches Interesse zugeschrieben (§ 4 Abs. 1 WassGB-E). Sie dienen ferner der Wahrung der öffentlichen Sicherheit.

Die Vereinfachung von Vergabeverfahren bildet einen wesentlichen Teilaspekt, der zur schnelleren Implementierung und Verbreitung von Wasserstofftechnologien führen soll. Diesbezüglich enthält die Regelung in § 16 WassBG-E (befristete) Verfahrenserleichterungen für beschleunigte Vergabe- und Nachprüfungsverfahren, die für Vergaben in diesem Bereich gelten sollen, die vor dem 01.01.2030 beginnen. Die Vorgaben soll nach Inkrafttreten des Gesetzes gem. § 19 Abs. 5 WassBG-E auch für bereits laufende, nicht abgeschlossene Vergabe- und Nachprüfungsverfahren anzuwenden sein.

Im Hinblick auf den Grundsatz der Losvergabe (§ 97 Abs. 4 GWB) sieht § 16 Abs. 2 WassGB-E die Erleichterung vor, dass Teil- und Fachlose auch dann zusammen vergeben werden dürfen, wenn zeitliche Gründe dies rechtfertigen. Zeitliche Gründe können hierbei insbesondere in der Eilbedürftigkeit liegen, auch ohne dass eine „Dringlichkeit“ im Sinne des Vergaberechts vorliegen muss. Das gleiche gilt gem. § 16 Abs. 3 WassGB-E auch für öffentliche Bauaufträge. Damit wird die Regelung des § 97 Abs. 4 S. 3 GWB, die in ihrem Anwendungsbereich nur wirtschaftliche und technische Gründe anerkennt, erweitert und die rechtliche Hürde zur Rechtfertigung von Gesamtvergaben abgesenkt. 

Die folgenden Absätze enthalten ergänzende Vorgaben zur Beschleunigung des zweistufigen Vergabenachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer (§ 16 Abs. 4 - Abs. 6 WassGB‑E) und den Vergabesenaten der Oberlandesgerichte (§ 16 Abs. 7 - Abs. 9 WassGB-E), die über das allgemeine Beschleunigungsgebot des § 167 GWB hinausgehen und die prozessualen Regelungen in §§ 155 ff. GWB zugunsten der intendierten Verfahrensbeschleunigung modifizieren.

Zunächst erweitert § 16 Abs. 4 S. 1 WassGB-E die Möglichkeiten der Vergabekammer nach Lage der Akte, d.h. ohne mündliche Verhandlung, zu entscheiden, soweit dies der Verfahrensbeschleunigung dient. Die Zustimmung aller Beteiligung ist – anders als in § 166 Abs. 1 S. 3 GWB vorgesehen – in diesem Fall gerade nicht erforderlich. Die Möglichkeit zur Entscheidung nach Aktenlage wird – zumindest in Ausnahmefällen – ebenfalls den OLG-Senaten gem. § 16 Abs. 9 S. 1 WassGB-E eröffnet, wenn dies insbesondere der Beschleunigung dient und weder ein unmittelbarer Eindruck der Parteien noch ein direkter Austausch des tatsächlichen und rechtlichen Vortrags erforderlich ist. Hierdurch werden die allgemeinen Möglichkeiten in § 175 Abs.  2 i.V.n. § 65 Abs. 1 GWB erweitert.

Sofern eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, kann diese in beiden Instanzen digital mittels Ton- und Videoübertragung erfolgen (§ 16 Abs. 4 S. 2, Abs. 9 S. 2 WassGB-E). 

Zudem sind die Vergabekammern gem. Abs. 5 gehalten, bei der Auswahl der geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtsverletzung und Verhinderung der Schädigung der betroffenen Interessen auch den Zweck nach § 1 WassBG-E sowie das überragendes öffentliches Interesse nach § 4 WassBG‑E zu berücksichtigen. Maßnahmen, die das Vergabeverfahren oder die Umsetzung eines Vorhabens verzögern, verlängern oder sogar vereiteln, sollen nach Vorstellungen des Gesetzgebers regelmäßig keine angemessenen Maßnahmen darstellen. Damit wird der den Vergabekammern in § 168 Abs. 1 S. 1 GWB zugebilligte Ermessensspielraum durch die gesetzgeberische Zielsetzung beschränkt. 

Sofern die prozessualen GWB-Verfahrensregeln Interessensabwägungen vorsehen, soll der Gesetzeszweck (§ 1 WassBG-E) sowie des überragenden öffentlichen Interesses (§ 4 WassBG-E) das Rechtsschutzinteresse eines Antragstellers regelmäßig überwiegen. Dies betrifft gem. § 16 Abs. 6 WassBG-E zunächst die Interessenabwägung im Rahmen eines Eilantrags auf vorzeitige Zuschlagsgestattung (§ 169 Abs. 2 S.1 GWB) und gilt gem. § 16 Abs. 8 WassBG-E auch für die Parallelregelung im sofortigen Beschwerdefahren (§ 176 Abs. 1 S. 1 GWB) sowie für die Entscheidung über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde (§ 173 Abs. 1 S. 3 GWB). Ähnliche gesetzliche Regelfälle des überwiegenden öffentlichen Interesses hatte der Gesetzgeber bereits für die Vergabe verteidigungs- oder sicherheitsspezifische Aufträge unmittelbar in die GWB-Normen implementiert sowie in § 9 Abs. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNG-Beschleunigungsgesetz) vorgesehen. 

Insgesamt plant der Gesetzgeber die Spielräume für Verfahrenserleichterungen zu nutzen, die vor dem Hintergrund zwingender unionsrechtliche Vorgaben, insbesondere den EU-Vergaberichtlinien, verbleiben. Die Erleichterungen können dazu beitragen, die Weichen für eine Förderung von Investitionen und Innovationen im Bereich der Wasserstofftechnologien zu stellen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um den Klimazielen Deutschlands und einer klimaneutralen Energiezukunft näher zu kommen. 

 

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