
Belehrungspflicht bei Verbraucherverträgen: Neue Risiken für Architekten und Ingenieure
18. August 2025
Das OLG Köln hat als erstes Obergericht zur Belehrungspflicht nach § 7 Abs. 2 HOAI entschieden. Die Folgen für Planer:innen können gravierend sein – bis hin zum Verlust des vereinbarten Honorars.

Was ist passiert?
Ein Architekt hatte mit einem privaten Bauherrn 2021 einen schriftlichen Vertrag geschlossen. Vereinbart war ein Stundenhonorar. Eine gesetzlich vorgeschriebene Belehrung nach § 7 Abs. 2 HOAI, wonach auch ein von der HOAI abweichendes Honorar frei vereinbart werden kann, unterblieb. Das Problem: Der Bauherr zahlte nicht – und das Gericht gab ihm Recht.
Die Entscheidung des OLG Köln (Urteil v. 10.04.2024 – 11 U 215/22)
Das OLG stellte klar:
- Fehlt die gesetzlich vorgeschriebene Belehrung, kann kein Honorar oberhalb der Basissätze der HOAI verlangt werden.
- Auch bei Stundenhonoraren, die formal korrekt vereinbart wurden, greift die Sanktion.
- Der Architekt hätte zusätzlich das Basishonorar beziffern müssen, um seine Forderung überhaupt schlüssig zu machen.
Das Ergebnis: Kein Anspruch auf das vereinbarte Honorar – trotz geleisteter Arbeit.
Was bedeutet das für die Praxis?
Seit dem 1. Januar 2021 gelten strenge Vorgaben beim Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern. Besonders betroffen sind Architekten- und Ingenieurverträge, wenn der Auftraggeber eine Privatperson ist. Neben der Belehrung nach § 7 Abs. 2 HOAI gibt es weitere Pflichten, deren Verletzung zu erheblichen wirtschaftlichen Risiken führen kann:
- Widerrufsrecht bei Haustür- oder Fernabsatzverträgen
→ Rückzahlungspflicht aller Zahlungen bei fehlender Belehrung - Informationspflichten nach § 312a BGB / Art. 246 EGBGB
→ Angaben zu Leistungen, Preisen, Sicherheiten - Hinweispflicht auf das Sonderkündigungsrecht (§ 650r BGB)
→ Bei unterlassener Belehrung droht „ewiges Kündigungsrecht“ des Bauherrn
Was ist zu tun?
Architektur- und Ingenieurbüros, die mit privaten Bauherren arbeiten, sollten dringend ihre Vertragsunterlagen prüfen. Dabei geht es insbesondere um:
- Transparente, klare und lesbare Belehrungstexte
- Dokumentation der Belehrung vor Vertragsabschluss
- Berücksichtigung der Basishonorare bei Zeithonorarabrechnung
- Schriftform bei Kündigungen (§ 650h BGB) – keine konkludente Beendigung mehr riskieren
Fazit:
Fehlende Belehrungen sind kein Bagatellverstoß – sie können das vereinbarte Honorar kosten. Wer sicher gehen will, sollte seine Vertragsprozesse jetzt überprüfen und standardisieren.
Fragen dazu? Unser Team berät Sie gerne bei der Umsetzung verbraucherschutzkonformer Architektenverträge.
FAQ: Häufig gestellte Fragen
Immer dann, wenn er den Vertrag zu privaten Zwecken abschließt – also nicht für ein Unternehmen oder gewerbliches Projekt.
Ja – entscheidend ist, ob ein Vertrag nach dem 01.01.2021 abgeschlossen wurde. Die Belehrung muss in Textform vor Vertragsabschluss erfolgen.
Nein. Es muss ein deutlicher, separater Hinweis erfolgen, dass höhere oder niedrigere Honorare als die HOAI-Tafeln vereinbart werden dürfen.
Dann gilt automatisch der Basishonorarsatz – auch wenn etwas anderes vereinbart war. Forderungen über diesem Satz sind nicht durchsetzbar.
Ja. Selbst korrekt vereinbarte Stundensätze greifen nicht, wenn keine Belehrung erfolgte – außer der Architekt weist das vergleichbare Basishonorar nach.
Ja – die Belehrungspflicht nach § 7 Abs. 2 HOAI gilt nur für Grundleistungen. Bei „Besonderen Leistungen“ gelten andere Maßstäbe.
Ja – z. B.:
- Widerrufsbelehrung bei Haustür-/Onlineverträgen
- Informationspflichten zur Leistung und Preisberechnung
- Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht nach Zielfindungsphase (§ 650r BGB)
- Standardisierte Texte zur Belehrung entwickeln
- Vertragsformulare überarbeiten
- Mitarbeitende schulen
- Dokumentation bei Vertragsschluss sicherstellen