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Corona – Alternative Möglichkeiten der Konfliktlösung für die Bau- und Immobilienwirtschaft

30. März 2020

Epidemien wie jetzt die aktuelle Corona-Pandemie stellen ein in Deutschland nie dagewesenes Phänomen dar. Daraus ergeben sich Herausforderungen auch für die Bewältigung und Gestaltung bisheriger Konflikte ebenso wie in der jetzigen Krise neu entstehender Konflikte.

Bei einer Vielzahl von Konflikten werden die folgenden Fragen für die Konfliktbetroffenen nicht mit befriedigender Sicherheit geklärt werden können:

  • Ist die Rechtslage eindeutig?
  • Wird die andere Seite die Rechtslage akzeptieren und respektieren?
  • Stehen staatliche Institutionen für die Klärung der Rechtslage im erforderlichen Umfang zur Verfügung?
  • Wird die Rechtslage rechtzeitig geklärt?
  • Ist das Ergebnis der Rechtslage gerecht?

Deswegen bieten sich gerade in der jetzigen Situation alternative Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung für die Gestaltung von Konflikten an.

  • Soll die jetzige Situation nach rechtlichen Maßstäben geklärt werden?
  • Gebietet es die besondere Situation, andere als rechtliche Maßstäbe zur Aufklärung der streitigen Themen anzulegen?
  • Welche schnellen Klärungsalternativen gibt es?
  • Welche nicht ausschließlich rechtlich normierten Klärungsalternativen gibt es?

Alle diese Themen werden unter den folgenden Fragen kurz behandelt.

1. Gibt es aktuell rechtssichere Antworten, wie Auswirkungen der Corona-Krise auf Bau- und Immobilienprojekte zu entscheiden sind?

Die mit dem Auftreten einer Pandemie einhergehenden rechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung weitestgehend ungeklärt. Auch zu den Rechtsfolgen höherer Gewalt liegt – im bau- und ingenieurvertraglichen Bereich -  fast keinerlei Rechtsprechung vor.

Es herrscht also keine Rechtssicherheit, es gibt lediglich Rechtsprechung und Literatur zu den allgemeinen Grundsätzen, die man im Falle von Streitigkeiten wird zugrunde legen müssen.

2. Können die öffentlichen Gerichte in der jetzigen Krisensituation binnen adäquater Zeit zur Klärung verhelfen?

Ein Grundprinzip der deutschen Gerichtsbarkeit ist die Öffentlichkeit. Gerichtliche Verhandlungen müssen bis auf Ausnahmefälle öffentlich stattfinden.

Dennoch ist auch die Gerichtsbarkeit von den aktuellen Kontaktbeschränkungen betroffen. Die Präsenzarbeitszeiten der Gerichte sind reduziert. Selbst anberaumte mündliche Verhandlungen in bereits laufenden Verfahren werden und sind aufgehoben.

Der daraus resultierende Rückstau lässt eine zügige Bewältigung der aus der jetzigen Situation entstehenden, völlig neuartigen Konflikte als äußerst unwahrscheinlich erscheinen.

3. Gibt es Konfliktgestaltungsoptionen ohne Erforderlichkeit persönlicher Anwesenheit?

In geradezu atemberaubender Geschwindigkeit ist in vielen Unternehmen in den letzten Wochen eine Umstellung auf Homeoffice erfolgt. Videokonferenzen und Onlinemedien haben binnen kürzester Zeit Meetings und Beratungsgespräche abgelöst.

Kapellmann bietet bereits seit Jahren die Kapellmann Online Schlichtung. Dieses Konfliktbearbeitungsformat kann vollständig online durchgeführt werden und gewährleistet so eine schnelle und einfache Abwicklung. Details dazu finden Sie unter

https://www.kapellmann.de/de/online-schlichtung/info/

Darüber hinaus bietet Kapellmann auch für alle anderen Formen der Konfliktbearbeitung die Möglichkeit der Durchführung, ohne dass die Parteien präsent sein müssen, wenn Sie dies nicht wünschen. Insbesondere Videokonferenzen ermöglichen direkten und unmittelbaren Austausch zu besser im persönlichen Gespräch zu klärenden Fragen.

Schließlich unterstützt Kapellmann bei der Entscheidung, welche Konfliktbearbeitungsmethode die für den konkreten Konflikt Vorzugswürdige ist.

4. Welche Konfliktbearbeitungsmethoden erscheinen in der jetzigen Situation geeignet?

Konfliktbearbeitungsmethoden lassen sich in zwei Gruppen einteilen, die auf einem völlig unterschiedlichen Konzept der Konfliktbearbeitung basieren:

Die Konfliktbearbeitungsmethoden des Schiedsgerichtes, der Schlichtung und der Adjudikation stellen darauf ab, dass der unabhängige Dritte als Richter, Schlichter oder Adjudikator anstelle der Parteien deren Konflikt entscheidet oder bewertet. Damit erfolgt die Konfliktbearbeitung „heteronom“, durch einen externen Dritten.

Im Gegensatz zu diesen heteronomen Konfliktbearbeitungsmethoden setzt Mediation auf die„Autonomie“ der Entscheidungsfindung durch die Parteien - und diese Autonomie ist es, die Mediation in der jetzigen Corona-Krise zu einem für die Bau- und Immobilienwirtschaft besonders geeigneten Konfliktbehandlungsinstrument machen kann.

5. Wie erfolgt die Konfliktgestaltung bei Schiedsgericht, Schlichtung und Adjudikation?

Klassisches Instrument der Konfliktbearbeitung außerhalb der staatlichen Gerichte sind die im Bau- und Immobilienbereich seit langem bekannten „Schiedsgerichte“. Die dort geführten Verfahren unterliegen den dafür geltenden prozessualen Vorgaben. Entscheidungsmaßstab ist das Recht, wenn es dem Schiedsgericht nicht gelingt, die Parteien zu einer einvernehmlichen Lösung zu führen.

Die Parteien wählen die Schiedsrichter für ihren Konflikt aus - und dies eröffnet die Chance auf eine konfliktspezifische Kompetenz der eingesetzten Schiedsrichter und auf eine zügige Behandlung des Streites durch das Schiedsgericht. Diesen Vorteilen gegenüber stehen oftmals hohe Kosten, die erforderliche Zeit für die Auswahl und Konstitution des Schiedsrichtergremiums und die durch die prozessualen Regularien der jeweiligen Schiedgerichtsordnungen vorgegebenen Abläufe und Regelprozesse.

Die „Schlichtung“ ist durch besondere Flexibilität gekennzeichnet. Der von den Parteien ausgewählte Schlichter würdigt den Vortrag der Parteien unter Plausibilitätsaspekten und gelangt zu einem Schlichtungsspruch. Dabei können die Parteien entscheiden, ob dieser Schlichtungsspruch Verbindlichkeit besitzt oder bloßen Empfehlungscharakter hat und dementsprechend auf seine immanente Überzeugungskraft angewiesen ist.

Bei der Schlichtung mit verbindlichem Schlichtungsspruch werden der bewusste Verzicht auf eine abschließende sachverhaltliche Aufklärung und die damit verbundene geringere Absicherung des Wahrheitsgehaltes als problematisch empfunden. Als Nachteil der Schlichtung ohne verbindlichen Schlichtungsspruch wird gesehen, dass, wenn der Spruch die unterliegende Partei nicht überzeugt und sie ihn deswegen nicht akzeptiert, beide Seiten viel Zeit und viel Geld verlieren.

Die „Adjudikation“ führt ähnlich einer unverbindlichen Schlichtung zu dem Vorschlag des von den Parteien gewählten oder durch Dritte bestimmten Adjudikators, der nur Verbindlichkeit erlangt, wenn er von den Streitparteien nicht binnen einer bestimmten Frist angegriffen wird.

Im Adjudikationsverfahren gelten für alle Beteiligte kürzeste Fristen, damit der Adjudikator seine Entscheidung binnen eines Zeitraums von 6-8 Wochen treffen kann. Diese Entscheidung ist auch zumindest vorläufig bindend, so dass die eingesetzte Zeit und die aufgewendeten finanziellen Mittel nicht verloren sind. Kritik richtet sich demgegenüber darauf, dass die straffen Fristvorgaben dazu führen, dass dem Verteidiger deutlich weniger Zeit zur Aufbereitung seiner Position zur Verfügung steht, als dem Angreifer und dass die Maßstäbe, nach denen der Adjudikator seinen Spruch fällen soll, nicht festgelegt sind: Sollen anfänglich nicht prüfbare oder auch während der Adjudikation unprüfbar gebliebene Nachträge oder Bauzeitforderungen gleichwohl zu Gunsten des Auftragnehmers berücksichtigt werden können?

6. Wie erfolgt die Konfliktgestaltung im Wege der Mediation?

Die „Mediation“ ist darauf gerichtet, den Parteien eine autonome Entscheidung ihres Konfliktes zu eröffnen.

Der Mediator unterstützt die Parteien auf deren Weg zu einer Einigung unter Berücksichtigung der von diesen gemeinsam erarbeiteten Lösungsmöglichkeiten. Dazu dürfen die Parteien Alles, was sie als wesentlich für ihre Verhandlung empfinden, thematisieren und in die Lösungsfindung einfließen lassen. Die Parteien sind hierbei ausdrücklich nicht auf nur rechtlich relevante Aspekte beschränkt. Vielmehr steht es Ihnen frei, über die rechtlichen Aspekte hinaus zusätzliche Themen zu behandeln, die entweder nicht oder nicht auf den ersten Blick rechtlich geprägt sind und nicht durch einen Richterspruch gelöst werden können.

7. Wer unterstützt bei der Entscheidung für die im konkreten Fall besonders geeignete Konfliktbearbeitungsmethode?

Die Corona/Covid-19-Pandemie stellt Bau- und Immobilienwirtschaft vor große Herausforderungen. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass zahlreiche, bislang kaum praktisch relevante Streitfragen zwischen den Vertragsparteien entstehen, die gelöst werden müssen.

Wie andere Branchen werden auch die Juristen versuchen müssen, bekannte und bewährte Instrumentarien auf die bislang kaum bekannten Probleme anzuwenden und neue Lösungen zu entwickeln. Ebenso werden die unterschiedlichen Fallgestaltungen darauf zu untersuchen sein, welche Konfliktbearbeitungsmethoden für die konkrete Situation besonders empfehlenswert sind.

Sofern Sie eine individuelle Beratung bzw. Beurteilung hierbei wünschen, steht Ihnen unser Kompetenzteam Alternative Streitbeilegung gerne zur Verfügung!

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Ansprechpartnerin für Medienanfragen

Jennifer Wagener
Jennifer Wagener

Leitung Marketing, Business Development & Kommunikation

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