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Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung – Kein Grund zur Sorge

12. Dezember 2022

Im Mai 2019 entschied der EuGH über die Auslegung der Arbeitszeitrichtlinie mit dem Ergebnis, dass die Mitgliedstaaten Arbeitgeber verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die täglich geleistete Arbeitszeit eines jeden Arbeitnehmers festgehalten werden kann. Daran anknüpfend hatte das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 13. September 2022 (BAG - 1 ABR 22/21) über die Auswirkungen dieses Urteils zu entscheiden und veröffentlichte nun die Entscheidungsgründe.

Entscheidung des BAG

Mit der Entscheidung des BAG vom 13. September 2023 steht fest, dass jeder Arbeitgeber verpflichtet ist die Arbeitszeit eines jeden Arbeitnehmers zu erfassen. Es genügt nicht ein solches für die Arbeitszeiterfassung geeignetes System zur Verfügung zu stellen, von diesem muss vielmehr auch Gebrauch gemacht werden. Das BAG begründet diese allgemeine Pflicht aus dem Arbeitsschutz: auch dort reicht es nicht, wenn auf einer Baustelle Helme verfügbar sind; sie müssen auch getragen werden.

Tatsächlich ist die Entscheidung insoweit wegweisend, als dass das BAG die Verpflichtung zur alsbaldigen Einrichtung eines geeigneten Arbeitszeiterfassungssystems einhergeht. Bislang gibt es jedoch noch keine konkreten Vorgaben zum Inhalt, zur Form oder sonstigen organisatorischen Abläufen der Arbeitszeitdokumentation oder Bußgeldvorschriften. Es bleibt abzuwarten, welchen Vorschlag das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die nähere Ausgestaltung unterbreitet. Gleichwohl sollten die ersten Konzepte zur Einrichtung eines solchen Systems in die Wege geleitet und zügig zum Einsatz gebracht werden. Natürlich stehen wir Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung.

Etwaiges Mitspracherecht des Betriebsrats?

Die Frage, ob dem Betriebsrat ein Initiativrecht oder ein Mitbestimmungsrecht zusteht, hat das BAG ebenfalls in seiner Entscheidung abschließend geklärt:

Bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz ist der Arbeitgeber schon gesetzlich zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet, weshalb dem Betriebsrat kein Initiativrecht nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz zusteht. Denkbar ist aber ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems, solange in Bezug auf die konkrete Ausgestaltung noch ein hinreichender Regelungsspielraum besteht, vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz.

Das Ende der Vertrauensarbeitszeit?

Nein. Die Vertrauensarbeitszeit beschreibt ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitnehmer in eigener Verantwortung die Wahrnehmung seiner vertraglichen Pflichten in Bezug auf den Arbeitsbeginn, die Pausen und das Arbeitsende wahrnimmt. Die Arbeitszeiterfassung, insbesondere die von täglichen Höchstarbeitszeiten und Ruhepausen, dient der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz. Von daher ist das Modell der Vertrauensarbeitszeit mit einem Arbeitserfassungssystem in Einklang zu bringen.

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Ansprechpartnerin für Medienanfragen

Jennifer Wagener
Jennifer Wagener

Leitung Marketing, Business Development & Kommunikation

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