Am 17. Juni 2024 hat die Bundesregierung den Entwurf für eine Nationale Kreislaufwirtschafsstrategie vorgelegt. Vor dem Hintergrund der angestrebten Netto-Treibhausgas-Neutralität im Jahr 2045 ist eine zirkuläre Wirtschaft einer der Treiber zur Dekarbonisierung. Auch hierbei ist die Bau- und Immobilienbranche als eine Branche unter vielen angesprochen.
Entwurf Kreislaufwirtschaftsstrategie der Bundesregierung: Was die Bau- und Immobilienbranche wissen muss
21. Juli 2024
Ziffer 4.8 der Strategie beschreibt die Bedeutung und das enorme Potential der Bau- und Gebäudebereich: in Deutschland wurden 2020 etwa 584,6 Mio. Tonnen Gesteinskörnungen produziert, wobei 485 Mio. Tonnen aus primären mineralischen Rohstoffen stammten. Trotz eines Bauabfallaufkommens von 220 Mio. Tonnen jährlich werden nur 13 % durch Recycling gedeckt. Bodenaushub dominiert das Abfallaufkommen mit über 129 Mio. Tonnen pro Jahr, wovon 75 % ohne Aufbereitung verwendet oder deponiert werden. Die Recyclingquote bleibt gering, da zahlreiche Hindernisse wie fehlende Informationen über verbaute Materialien, abfallrechtliche Vorgaben und unzureichende Unterstützung der Sekundärrohstoffnutzung in Ausschreibungen bestehen.
Der Entwurf der Nationalen Kreislaufwirtschafsstrategie gibt zunächst zu jeder Branche einen Überblick zu Status-Quo und Potentialen sowie Hemmnissen. Im Anschluss wird das Ziel beschrieben, die (rechtlichen) Grundlagen auf nationaler und europäischer Ebene und es werden konkrete Maßnahmen zur Umsetzung vorgestellt. Dabei greift der Entwurf ganz unterschiedliche Punkte auf: an vielen Stellen wird der öffentliche Auftraggeber mehr in den Mittelpunkt gerückt und seine maßgebliche Rolle zur Umsetzung der Nachhaltigkeit wird betont; das QNG-Zertifikat erhält weitere Bausteine aber auch die Honorare der Planer im Rahmen der HOAI sollen für Bestandsumbauten angepasst.
Es gibt eine Vielzahl von – rechtlichen – Vorhaben auf nationaler und europäischer Ebene, die sich dem Thema bereits angenommen haben. Diese sind u.a.:
- EU-Bauproduktenverordnung - Revision: Durch die Novelle der Verordnung werden Anforderungen an Normungsprozesse zur Harmonisierung von Bauprodukten eingeführt sowie verbindliche Umweltanforderungen an Bauprodukte
- Standardleistungsbuch: Weiterentwicklung zur Förderung der Wiederverwendung und Recycling-Baustoffe – insbesondere für öffentliche Auftraggeber
- Abfallende-Verordnung: Kriterienfestlegung, wann die Abfalleigenschaft bestimmter mineralischer Ersatzbaustoffe endet; Einsetzbarkeit von Ersatzbaustoffen nach Abfallende z.B. im Hochbau
- Integration von Förderbausteinen in die Bundesförderung: Entwicklung von Förderbausteinen für kreislauffähige Materialien, auch außerhalb von QNG
- Holzbauinitiative: Förderung des Bauens mit Holz und nachwachsenden Rohstoffen
- Monitoring Ersatzbaustoffverordnung: Überprüfung der Auswirkungen auf die Verwertung mineralischer Abfälle
- Urban Mining-Strategie: Entwicklung einer Strategie zur Erkundung und Aufbereitung von Materialien aus anthropogenen Lagerstätten
- Runder Tisch zukunftsgerechtes Bauen: nach Gründung des Runden Tisches „Zukunftsgerechten Bauens“ im Jahr 2023 von BMWSB und verschiedenen Dialogformaten soll die Förderung ressourcenschonender Bauweisen und innovativer Technologien vorangetrieben werden
- Bündnis bezahlbarer Wohnraum: Maßnahmen zur Bestandsnutzung und Erhöhung der Recyclingquoten im Wohnungsbau
- Dialogplattform Recyclingrohstoffe: Erhöhung des Anteils von Recyclingrohstoffen für Baurohstoffe, Gips und industrielle Reststoffe und Nebenprodukte
- Ziel des Entwurfs ist es, den Bau- und Gebäudebereich bis 2045 ressourceneffizienter und kreislauffähiger werden. Ziele sind unter anderem die Schonung primärer Rohstoffe durch vermehrten Einsatz von Sekundärrohstoffen; die Priorisierung von Umbau und Weiternutzung vor Neubau; die kreislaufgerechte und abfallarme Planung von Bauwerken; die Förderung der Wiederverwendung von Bauteilen und die Halbierung des „Rohstofffußabdrucks“ (RMC) für Mineralik bis 2044 und verstärkter Einsatz von Sekundärrohstoffen beim öffentlichen Auftraggeber.
Dafür plant die Bundesregierung in den folgenden Jahren unterschiedliche Maßnahmen zu ergreifen. Diese sind beispielsweise
1. Bestandserhalt vor Neubau:
- Anpassung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) um finanzielle Nachteile für Planende im Bestands(um)bau auszugleichen
- Einrichtung eines Gebäude- und Wohnungsregisters
- Leitfaden für Abriss- bzw. Ersatzneubauentscheidungen
- Anpassung der Vorgaben für Bestandserweiterungen
2. Förderung rückbaufähiger Bauwerke:
- Einführung eines digitalen Gebäude(ressourcen)passes (GRP), der bereits 2025 für QNG-Zertifikate angewandt werden soll
- Entwicklung spezieller Indikatoren zur Messbarkeit von Ressourceneffizienz
- Wahl von Baukonstruktionen, die den selektiven Rückbau erleichtern
3. Optimierung der getrennten Erfassung von Bauabfällen:
- Pflicht zur Vorlage eines Schadstoffsanierungs- und Rückbaukonzeptes
- Bauteilsichtungspflicht vor Abbruch und Erstellung eines Inventars verwertbarer Bauteile
4. Optimierung der Wiederverwendung von Bauteilen und des Recyclings:
- Aufbau regionaler Sekundärrohstoffzentren
- Förderung von Baustoffrecycling im Hochbau
- Unterstützung regionaler Baustoff- und Bauteilbörsen
5. Förderung des Einsatzes von Sekundärrohstoffen:
- Prüfung der Vorgabe verbindlicher Leitlinien zur Zirkularität und Ressourcenschonung bei der Vergabe von Bauleistungen
- Methodik für die Berücksichtigung eines Schattenpreises für CO₂ und andere Umweltwirkungen
6. Forschungsförderung:
- Fokus auf kreislaufgerechtes und modulares Planen und Bauen
- Entwicklung neuer Aufbereitungsverfahren und Bindemitteltechnologien
- Erforschung und Förderung von Recyclingtechnologien und Pilotanlagen
Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, den Ressourceneinsatz im Bau- und Gebäudebereich zu optimieren und die Kreislaufwirtschaft zu fördern.
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