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Praxisinfo Green Contracts: Politischer Rückenwind für nachhaltiges Bauen

13. Dezember 2021

Die neue Regierung ist im Amt und mitgebracht hat sie ein 177 Seiten starkes Papier, wie sie in den nächsten vier Jahren „mehr Fortschritt wagen“ möchte. Prägender Begriff, der sich durch das ganze Dokument zieht, ist derjenige der Nachhaltigkeit. Die Tatsache, dass zur Umsetzung dieser Zielvorgabe ein eigenes Ministerium für Bauen und Wohnen unter der Leitung von Klara Geywitz (SPD) geschaffen wird, unterstreicht die Bedeutung, die insbesondere der Baubranche beim Thema Klimaschutz zukommt. Als Kompetenzteam Green Contracts möchten wir Sie über die wichtigsten Planungen der neuen Koalitionäre in diesem Bereich informieren und so einen Ausblick auf die zu erwartenden Entwicklungen der nächsten vier Jahre geben.

1. Digitalisierung

Zunächst soll die Digitalisierung im Bereich der Bau- und Immobilienwirtschaft vorangetrieben werden. Denn auch für das Ziel klimafreundlicher und nachhaltiger Gebäude kann der Einsatz digitaler Hilfsmittel insbesondere im Bereich der Planung zum zentralen Wegbereiter und -begleiter werden. Die neue Regierung möchte die Bau- und Immobilienwirtschaft dabei unterstützen, Open-BIM sowie einheitliche Schnittstellen/Standards umzusetzen. BIM ermöglicht es dabei, grüne Zielvorgaben effizient in allen Planungsphasen und zwischen den einzelnen Planungsbeteiligten zu integrieren und umzusetzen. Durch übergreifende Analysen können etwa Daten zum Energieverbrauch, zu Gebäudeemissionen oder zum ökologischen Fußabdruck eingesetzter Baumaterialien erhoben und diese sodann zur Grundlage für den weiteren Entscheidungsprozess gemacht werden.

Eingeführt werden soll zudem ein digitaler Gebäuderessourcenpass: Die in Gebäuden verbauten Materialien sollen digital erfasst werden. Dahinterstehendes Ziel ist es, durch die Dokumentation der Baustoffe auch im Gebäudebereich zu einer Kreislaufwirtschaft (auch Cradle to Cradle genannt) zu gelangen. So können Ressourcen wiederverwendet, die CO2-Emissionen verringert und Abfall vermieden werden.

Passend dazu, ist seit dem 30. November Madaster als Software für alle Unternehmen auch in Deutschland verfügbar. Diese Online-Datenbank, in der in Gebäuden verbaute Materialien dokumentiert werden, ist in den Niederlanden bereits seit 2017 aktiv und umfasst dort schon mehr als 3.000 Objekte. Die in einem solchen Materialpass gespeicherten Informationen stehen dabei auch schnell zur Verfügung, wenn es um Nachweise für Zertifizierungen, Fördermittel oder ESG-Investing geht.

Schließlich soll auch der bereits bestehende Gebäudeenergieausweis digitalisiert werden und zudem die Erstellung eines digitalen Gebäudeenergiekatasters geprüft werden.

2. Klimaziele im Gebäudebereich

Unter dem Titel „Klimaschutz im Gebäudebereich“ präsentiert die Ampel Anforderungen, die sie in puncto Nachhaltigkeit an Gebäude stellen möchte, sowie Anreize zu deren Umsetzung.

2.1 Finanzielle Förderung

Den Fokus setzt man dabei auf innovationsfördernde Maßnahmen. Nachdem die Neubauförderung für den KfW-Effizienzhausstandard 55 (EH 55) ausläuft, will die Ampel 2022 ein Förderprogramm für den Wohnungsneubau einführen. Das neue Förderprogramm soll sich dabei vor allem an den Treibhausgas-Emissionen pro m² (THG-Emissionen) orientieren. Eine weitere investitionsfördernde Maßnahme ist die Anhebung der linearen Abschreibung für den Neubau von Wohnungen von zwei auf drei Prozent.

2.2 Änderungen im Gebäudeenergiegesetz

Flankiert werden diese Maßnahmen durch eine Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Ab dem 1. Januar 2024 müssen bei wesentlichen Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden auszutauschende Teile dem Standard KfW Effizienzhaus 70 entsprechen. Ein Jahr später sollen weitere Verschärfungen folgen: Zum 1. Januar 2025 sollen zudem Neubauten den Anforderungen von KfW Effizienzhaus 40 genügen müssen. Zudem soll ab diesem Datum jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden. Im Rahmen einer Innovationsklausel möchte die Regierung dabei auch gleichwertige, dem Ziel der THG-Emissionsreduzierung dienende Maßnahmen ermöglichen. Insgesamt setzt die neue Regierung hier auf Technologieoffenheit.

2.3 CO2-Preis

Die neue Koalition hat sich zudem vorgenommen, eine faire Teilung des zusätzlich zu den Heizkosten zu zahlenden CO2-Preises zwischen den Vermietern und Vermieterinnen einerseits und den Mietern und Mieterinnen andererseits zu erreichen. Hierzu soll zum 1. Juni 2022 ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen eingeführt werden, welches die Umlage des CO2-Preises nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) regelt. Für den Fall, dass dies der Koalition bis dahin nicht gelingt, soll der CO2-Preis ab dem 1. Juni 2022 hälftig zwischen den Mietvertragsparteien aufgeteilt werden.

2.4 Lebenszyklus-Betrachtung

Vielversprechend klingt auch das Ziel, den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie besser zu erfassen. In den Fokus rücken soll dabei die Betrachtung grauer Energie, also derjenigen Energie, die zur Materialgewinnung, zur Herstellung von Bauteilen, zum Einbau auf der Baustelle und zur Entsorgung der Baustoffe erforderlich ist. Die Ampelkoalition möchte hierfür unter anderem den oben genannten Gebäuderessourcenpass einführen und so auch im Immobilienreich zu einer Kreislaufwirtschaft gelangen.

Daneben soll eine nationale Holzbau-, Leichtbau- und Rohstoffsicherungsstrategie aufgelegt werden. Innovativen Materialien, Technologien und Start-ups möchte die Regierung den Markteintritt und Zulassungen erleichtern.

3. Klimaneutrales Bauen und Wohnen – und das nicht zu knapp!

Wie sich der vereinbarte Grundsatz des klimaneutralen Bauens und Wohnens mit den gleichermaßen gefassten Plänen der Ampel-Parteien zum Neubau von 400.000 Wohnungen jährlich einspielen wird, bleibt abzuwarten. Von den 400.000 Wohnungen jährlich sollen zudem 100.000 Wohnungen öffentlich gefördert werden. Wie schon im vorigen Koalitionsvertrag der Großen Koalition geschehen, ist die Problematik Wohnraum umfangreich beschrieben und ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ ausgerufen. Klimaneutralität und nachhaltiges Bauen sollen dabei aber nicht vergessen werden. Derart findet sich im ersten Absatz zum Thema „Bauen und Wohnen“ des Koalitionsvertrages die allgemeine Absichtserklärung: 

„Wir werden das Bauen und Wohnen der Zukunft bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm, innovativ und mit lebendigen öffentlichen Räumen gestalten. Dabei haben wir die Vielfalt der Rahmenbedingungen und Wohnformen und individuellen Bedürfnisse der Menschen in ländlichen und urbanen Räumen im Blick.“ (Rn. 2920 ff.)

Bei Bau- und Sanierungsmaßnahmen soll dabei der Quartiersansatz fortgeschrieben werden. Mit diesem Konzept wird etwa die Strom- und Wärmeversorgung nicht auf Ebene des einzelnen Gebäudes betrachtet, sondern bezogen auf ein ganzes Quartier. Ziel dabei ist es, vorhandene Potenziale besser und effizienter auszuschöpfen.

Bezahlbar soll der Neubau zum einen durch angehobene Mittel für den sozialen Wohnungsbau und die soziale Eigenheimförderung und eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen werden. Auch plant die Regierung, wie oben beschrieben, die lineare Abschreibung für den Neubau von zwei auf drei Prozent zu erhöhen. Zum anderen sollen modulares und serielles Bauen helfen, die Kosten für den Wohnungsbau zu senken. Das modulare Bauen kommt dabei zugleich dem Ziel einer Kreislaufwirtschaft zugute: Denn Baukomponenten können hier bei geänderten Nutzungsanforderungen wieder demontiert und anderswo erneut eingesetzt werden. Um den Bauprozess zu beschleunigen, sollen für diese Bauweise Typengenehmigungen geschaffen werden. Auch allgemein sollen Entbürokratisierung und beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren dazu beitragen, dass sich private und staatliche Investitionen schnell und effizient umsetzen lassen.

4. Fazit

Das Grüne Bauen bekommt mit der neuen Regierung ordentlich Rückenwind und wird zu Recht als zentraler Hebel für die Erreichung der Klimaziele erkannt. Das Kapellmann | Green Contracts Team beschäftigt sich bereits seit längerem mit allen Themen rund um das nachhaltige Bauen. Egal ob es um die Akquise von Fördergeldern, die rechtswirksame Verankerung der Nachhaltigkeit zwischen den verschiedenen Akteuren am Bau oder eine grüne Bewirtschaftung geht: Als Marktführer in der baulichen Beratung begleiten wir Sie während des gesamten Lebenszyklus Ihrer grünen Immobilie.

Bei Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Ansprechpartner des Kompetenzteams Green Contracts gerne zur Verfügung.

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Ansprechpartnerin für Medienanfragen

Jennifer Wagener
Jennifer Wagener

Leitung Marketing, Business Development & Kommunikation

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