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Das Berliner „Schneller-Bauen-Gesetz“ ist in Kraft getreten

06. Januar 2025

Das Berliner „Schneller-Bauen-Gesetz“  (SBG) ist am 22.12.2024 in Kraft getreten. Mit dem SBG sollen behördliche Zulassungsverfahren für Bauvorhaben in Berlin beschleunigt und die allgemeinen Rahmenbedingungen für das Bauen auf Landesebene verbessert werden, um der stetig abnehmenden Bautätigkeit entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck sieht das SGB zahlreiche Änderungen in zehn Landesgesetzen und der Berliner Baumschutzverordnung vor. 

Ob das gesetzliche Maßnahmenpaket eine spürbare Beschleunigungswirkung entfalten und zur Wiederbelebung der Bautätigkeit beitragen wird, bleibt abzuwarten. Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick über einige der für Bauherren und Projektentwickler wichtigsten Neuerungen. 

1. Nachschärfung von Prüf- und Stellungnahmefristen; Einführung von Entscheidungsfristen 

Mit dem SBG werden bisher bestehende Prüf- und Stellungnahmefristen nachgeschärft und Entscheidungsfristen teilweise erstmalig eingeführt: 

a) Für das Baugenehmigungsverfahren ist nunmehr eine zusätzliche Vollständigkeitsprüfung der Antragsunterlagen durch die beteiligten Fachbehörden vorgesehen. Die Frist beträgt vier Wochen ab Eingang des Stellungnahmeersuchens. Ist der Bauantrag unvollständig oder weist er erhebliche Mängel auf, fordert die beteiligte Behörde den Bauherrn unverzüglich zur Behebung der „genau bezeichneten“ Mängel innerhalb einer angemessenen Frist auf. Dies soll dazu führen, dass ggf. noch erforderliche Unterlagen zügig nachgefordert werden und auf diese Weise vermieden wird, dass mehrfache Nachforderungen und daran anknüpfende wiederholte Prüfungen zu Verfahrensverzögerungen führen. Einen Monat nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen bei der beteiligten Fachbehörde gelten das fachbehördliche Einvernehmen als erteilt bzw. die zustimmende Stellungnahme als abgegeben, falls eine Rückmeldung der Fachbehörde ausbleibt (vgl. § 69 Abs. 2 BauO Bln). 

b) Für das selbstständige denkmalschutzrechtliche Genehmigungsverfahren werden erstmals Verfahrensfristen eingeführt. Wie im Baugenehmigungsgenehmigungsverfahren hat die Denkmalschutzbehörde nunmehr die Vollständigkeit der Antragsunterlagen innerhalb von vier Wochen zu prüfen und im Falle von Mängeln innerhalb dieser Frist zur Behebung der Mängel aufzufordern. Über den Antrag auf denkmalrechtliche Genehmigung für Vorhaben am Denkmal oder in der Umgebung eines Denkmals ist innerhalb von drei Monaten ab Vollständigkeit der Unterlagen zu entscheiden (vgl. § 12 Abs. 1a DSchG Bln). 

c) Auch bei Anträgen auf Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis sind nunmehr behördeninterne und –übergreifende Abstimmungs- und Entscheidungsfristen sowie Einvernehmensfiktionen vorgesehen, um das Verfahren zu beschleunigen. Bei Anträgen auf Sondernutzung wurde in § 11 Abs. 2 BerlStrG eine nicht verlängerbare Entscheidungsfrist von drei Monaten sowie eine hieran anknüpfende Erlaubnisfiktion eingeführt, künftig auch bei Baustelleneinrichtungen im untergeordneten Straßennetz. Außerdem wurde eine Pflicht zur Vollständigkeitsprüfung entsprechend der Regelungen im bauaufsichtlichen und denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren eingeführt.

d) Schließlich erfolgt auch eine Straffung von Zulassungsverfahren im Naturschutzrecht. Die Mitwirkungsrechte der anerkannten Umweltverbände vor der Zulassung artenschutzrechtlicher Ausnahmen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG und vor der Zulassung von Eingriffen i.S.d. § 14 BNatSchG ohne Ausgleich oder Ersatz sollen künftig einmalig innerhalb von einem Monat nach Ermöglichung der Einsichtnahme in die einschlägigen Gutachten wahrgenommen werden (vgl. § 45 Abs. 2 S. 3 NatSchG Bln). 

2. Erweitertes Prüfprogramm im erleichterten Baugenehmigungsverfahren

Das Prüfprogramm im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (§ 63 BauO Bln) wurde erweitert, um vor Erteilung der Baugenehmigung etwaige Fehler im Bauantrag erkennbar zu machen. Die Bauaufsichtsbehörden haben im vereinfachten Genehmigungsverfahren nunmehr zusätzlich folgende Aspekte zu prüfen:

  • die Übereinstimmung mit den Anforderungen der §§ 4 bis 6, 8 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 und § 45 BauO Bln, sowie
  • die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs.

Die betrifft in erster Linie die Belange, die die Grundstückssituation betreffen (Grundstücksbebauung, Erschließung, Abstandsflächen, Freiflächen, Spielplätze, Müllentsorgung). Der Gesetzgeber ist der Ansicht, dass die spätere Prüfung dieser Belange etwa nach Baubeginn regelmäßig zu zusätzlichen Beteiligungen und damit Verzögerungen führen könne. Durch die Prüfung im Baugenehmigungsverfahren werde ausgeschlossen, dass nach Erteilung der Genehmigung noch entsprechende Klärungs- und ggf. Umplanungsbedarfe entstehen. Dadurch werde auch das Risiko reduziert, durch Zeitablauf das Baurecht wieder zu verlieren (Erlöschen der Baugenehmigung nach zwei Jahren, § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauO Bln) oder repressive Maßnahmen in Kauf nehmen zu müssen. 

3. Einführung einer Bauantragskonferenz

Nach dem neuen § 58 Abs. 1a BauO Bln ist bei Wohnungsbauvorhaben ab 50 Wohneinheiten, Schulen und Kindertagesstätten, gewerblichen Bauvorhaben von gesamtstädtischer Bedeutung mit einer Geschossfläche von mehr als 3.000 m2 sowie öffentlichen Anlagen der Ver- und Entsorgungsinfrastruktur auf Ersuchen des Bauherrn vor Antragstellung eine Bauantragskonferenz durchzuführen. 

An der Bauantragskonferenz sollen der Bauherr und eine entscheidungsbefugte Vertretung aller durch das Vorhaben berührten Fachbereiche teilnehmen. Die Bauantragskonferenzen sollen allen Beteiligten vor Einreichung eines Bauantrags einen Überblick über einzuhaltende Anforderungen und erforderliche Unterlagen verschaffen, wodurch das spätere Verfahren gestrafft und Ressourcen gespart werden sollen. Dementsprechend legt die Bauantragskonferenz fest, welche Vorarbeiten bis zur Antragstellung zu erfolgen haben. Dazu werden und etwaige kritische Punkte herausgearbeitet und ein Ablaufplan nebst Zeitplan festgelegt. Dies soll dem Bauherrn als Leitfaden für den weiteren Prozess dienen. 

4. Erleichterungen im materiellen Bauordnungsrecht

Neben verfahrensrechtlichen Modifikationen ändert das SBG auch materielle Vorgaben des Bauordnungsrechts: 

a) Aufenthaltsräume müssen – in Anpassung an die Regelungen anderer Landesbauordnungen – nur noch eine lichte Raumhöhe von mind. 2,40 m statt zuvor 2,50 m aufweisen (vgl. § 47 Abs. 1 S. 1 BauO Bln).

b) In § 48 BauO Bln wurde ein neuer Absatz 5 eingefügt, wonach einige bauordnungsrechtliche Vorschriften nicht anzuwenden sind, wenn Nutzungseinheiten mit Aufenthaltsräumen in rechtmäßig errichteten Bestandsgebäuden in Wohnraum umgenutzt werden. Konkret sind in diesen Fällen die Vorgaben für Abstandsflächen (§ 6), tragende Wände / Stützen (§ 27), Außenwände (§ 28), Brandwände (§ 30), Decken (§ 31) und Dächer (§ 32) nicht anzuwenden und der Bestandsschutz wird insoweit auch nicht aufgehoben. Die Regelung wird damit begründet, dass sich durch eine Wohnnutzung das Gefahrenpotential nicht erhöht, und zwar unabhängig davon, ob die bisherigen Aufenthaltsräume zum Wohnen oder anders genutzt werden.

c) Außerdem enthalten § 48 Abs. 6 und 7 BauO Bln künftig weitere Erleichterungen hinsichtlich der Anforderungen an den Feuerwiderstand für Dachgeschossneubauten und Aufstockungen zu Wohnzwecken. Insoweit werden die rechtlichen Anforderungen an tragende und aussteifende sowie raumabschließende Bauteile gesenkt. 

5. Änderungen im Denkmalschutzrecht

Neben der erstmaligen Einführung von Fristen im denkmalrechtlichen Genehmigungsverfahren (s.o. Ziff. 1b)) enthält das SBG weitere wichtige Neuerungen im Denkmalschutzrecht: 

a) Kommt es bei der Herstellung des zwischen der unteren Denkmalschutzbehörde und der Denkmalfachbehörde erforderlichen Einvernehmens zu einem Dissens, ist zur Beschleunigung des Verfahrens der Vorgang zukünftig innerhalb von zwei Wochen der obersten Denkmalschutzbehörde vorzulegen und von dieser innerhalb von zwei Wochen zu entscheiden. Wird der Vorgang nicht innerhalb von zwei Wochen vorgelegt, ist der Stellungnahme der Denkmalfachbehörde zu folgen (vgl. § 6 Abs. 5 S. 3 DSchG Bln). 

b) Im denkmalrechtlichen Umgebungsschutz wurde eine Wesentlichkeitsschwelle eingeführt. Die unmittelbare Umgebung eines Denkmals muss künftig für dessen Erscheinungsbild von „wesentlich“ prägender Bedeutung sein (vgl. § 10 Abs. 1 DSchG Bln). Die unmittelbare Umgebung eines Denkmals ist künftig nur noch der Bereich, innerhalb dessen sich die bauliche oder sonstige Nutzung von Grundstücken oder von öffentlichen Flächen auf das Denkmal „wesentlich“ prägend auswirkt (vgl. § 10 Abs. 2 DSchG Bln). 

c) In § 11 Abs. 1 DSchG Bln wird das öffentliche Interesse, das bei denkmalrechtlichen Genehmigungen in der Abwägung zu berücksichtigen ist, zur Klarstellung näher definiert. Als wichtige öffentliche Interessen werden u.a. die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit preiswertem Wohnraum, die energetische Sanierung, der Einsatz erneuerbarer Energien, die Barrierefreiheit sowie die soziale Infrastruktur genannt. 

d) Das im Baugenehmigungsverfahren zwischen Bauaufsicht und Denkmalbehörde bislang erforderliche Einvernehmen wird durch ein Benehmen ersetzt. Die Bauaufsichtsbehörde ist hierdurch nicht mehr an die Stellungnahme der Denkmalbehörde gebunden. Will sie von der Stellungnahme der Denkmalbehörde abweichen, ergeht künftig eine abschließende Entscheidung binnen eines Monats durch die oberste Denkmalschutzbehörde (vgl. § 12 Abs. 3 S. 3 und 4 DSchG Bln). 

e) Künftig gibt es die Möglichkeit, einen denkmalrechtlichen Vorbescheid zu beantragen. Der Vorbescheid gilt zwei Jahre; die Frist kann auf Antrag zweimal jeweils bis zu einem Jahr verlängert werden (§ 11a DSchG Bln). Da für nicht baugenehmigungspflichtige Bauvorhaben ein Bauvorbescheid nicht erteilt werden kann, können sich Bauherren nunmehr frühzeitig und rechtsverbindlich Klarheit verschaffen, ob ihr baugenehmigungsfreies Vorhaben denkmalrechtlichen Bedenken begegnet. 

6. Änderungen im Naturschutzrecht 

Bund und Länder haben sich im sog. Beschleunigungspakt darauf geeinigt, bundes- und europarechtliche Vorgaben übertreffende landesrechtliche Anforderungen an Bauvorhaben zu reduzieren. Mit dem SBG werden solche überschießenden landesrechtlichen Anforderungen des Naturschutzrechts an das bundes- und europarechtlich geforderte Niveau angepasst. 

a) Dies betrifft zunächst die in § 17 Abs. 1 S. 1 NatSchG Bln a.F. geregelte Zwei-Jahres-Frist zur Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für unvermeidbare Beeinträchtigungen in die Natur und Landschaft. Die Frist wurde gestrichen und der Umsetzungszeitraum an die allgemeinen in § 15 Abs. 5 BNatSchG geregelten Grundsätze angepasst. Die Maßnahmen müssen künftig „in einer den landschaftsplanerischen und naturräumlichen Zielen angemessenen Frist“ erfolgen. Außerdem können diese – wie § 15 Abs. 4 NatSchG Bln nunmehr klarstellt – auf Kosten des Verursachers auch auf Dritte übertragen werden. Ziel dieser Regelung ist es, insb. bei Vorhaben von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt, flexible und die Bauherren entlastende Lösungen für die Durchführung erforderlicher Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zu ermöglichen.

b) Durch die neue Regelung des § 28 Abs. 4 NatSchG Bln wurde die Möglichkeit geschaffen, Eingriffe in geschützte Biotope nach § 30 Abs. 2 BNatSchG auf Antrag auch ohne Ausgleichsmaßnahmen ausnahmsweise zuzulassen, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erforderlich ist; ein überwiegendes öffentliches Interesse liegt nach § 28 Abs. 4 S. 2 NatSchG Bln in der Regel bei der Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit preiswertem Wohnraum, der energetischen Sanierung, dem Einsatz erneuerbarer Energien, der Barrierefreiheit sowie der sozialen Infrastruktur vor. Bisher war hierfür die Erteilung einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erforderlich, deren Voraussetzungen für die genannten Vorhaben grundsätzlich vorliegen (vgl. VG Berlin v. 15.02.2023 – VG 24 L 36/23). Da gem. § 28 Abs. 4 S. 3 NatSchG Bln die Bestimmung des § 67 Abs. 3 BNatSchG entsprechend gilt, ist anstelle der Durchführung einer Ausgleichsmaßnahme eine Ersatzzahlung zu leisten. 

c) Nach dem neu eingefügten § 38a NatSchG Bln sollen Anträge auf Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen, die der Durchführung eines Wohnungsbauvorhabens oder eines Vorhabens der Daseinsvorsorge dienen, regelmäßig vorrangig bearbeitet werden. Dies gilt gem. § 29g BWG auch für Anträge auf Erteilung einer Genehmigung nach dem Wasserhaushaltsgesetz.

d) § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BaumSchVO stellt jetzt ausdrücklich klar, dass eine Ausnahmegenehmigung für Baumfällungen auch dann zu erteilen ist, wenn überwiegende öffentliche Interessen dies erfordern, „insbesondere die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit preiswertem Wohnraum, die energetische Sanierung, der Einsatz erneuerbarer Energien, die Barrierefreiheit sowie die soziale Infrastruktur.“ Nach § 5 Abs. 4 BaumSchVO ist über die Ausnahmegenehmigung im Fall einer bauaufsichtlichen Genehmigung nicht durch gesonderten Bescheid, sondern mit demselben bauaufsichtlichen Genehmigungsbescheid zu entscheiden. 

7. Erleichterungen bei straßenrechtlicher Sondernutzung 

Schließlich enthält das SBG auch Erleichterungen bei straßenrechtlichen Sondernutzungen, die insbesondere für die Bauausführung relevant sind. Neben der dreimonatigen Entscheidungsfrist und Erlaubnisfiktion (s.o. Ziff. 1c)) sind folgende Punkte zu nennen:

a) § 11 Abs. 3 BerlStrG stellt klar, dass Sondernutzungserlaubnisse für die Einrichtung von Baustellen grundsätzlich auch dann erteilt werden können, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung des fließenden oder ruhenden Straßenverkehrs zu erwarten ist. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Bauvorhaben ohne Inanspruchnahme des Straßenlandes nicht mit einem wirtschaftlich und technisch vertretbaren Aufwand durchgeführt werden kann; die erforderlichen Nachweise hat der Bauherr zu erbringen. In diesem Fall ist die Inanspruchnahme des Straßenlandes auf das geringstmögliche Maß und den kürzesten Zeitraum zu beschränken. 

b) Ist neben dem Antrag auf Sondernutzungserlaubnis auch eine Anordnung nach der Straßenverkehrsordnung erforderlich, sollen gem. § 11 Abs. 3a BerlStrG künftig beide Anträge parallel eingereicht und koordiniert bearbeitet werden. Ziel ist eine zeitgleiche Bescheidung, um das Verfahren insgesamt zu beschleunigen.

Ansprechpartner für Fragen zum Berliner „Schneller-Bauen-Gesetz“ sind u.a. Dr. Andreas Rietzler und Dr. Christoph Semff. Beide sind Mitglieder des Kompetenzteams Projektentwicklung.

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