Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag, den 26.09.2024 den Entwurf der Bundesregierung für ein Bürokratieentlastungsgesetz IV (Drucksache 20/11306) angenommen.
Das Ende der mietvertraglichen Schriftform!?
01. Oktober 2024
In dem Gesetz enthalten sind auch Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, mit welchen unter anderem, nahezu geräuschlos einem der größten rechtlichen Streitfälle der Gewerbemietraumpraxis der Boden entzogen wird. Denn das Gesetz beinhaltet eine Anpassung des § 578 Abs. 1 BGB, mit welchem statt des bisher dort enthaltenen Verweises auf die Schriftformregelung des § 550 BGB eine Ergänzung dahingehend aufgenommen wird, dass § 550 BGB im Anwendungsbereich zu § 578 Abs. 1 BGB künftig nur noch mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr „nicht in Textform“ geschlossen wird, für unbestimmte Zeit gilt. Faktisch hat der Gesetzgeber damit für gewerbliche Mietverhältnisse die Schriftform „beerdigt“ und lässt künftig die Textform genügen. Wenngleich sich damit nicht alle Probleme, die sich um den Komplex des „Schriftformverstoßes“ und die daran anknüpfende häufig einschneidende Rechtsfolge einer vorzeitigen Kündigungsmöglichkeit ranken, erledigt haben - insbesondere können mündliche Nebenabreden oder faktische Abweichungen von vertraglichen Regelungen weiterhin die Rechtsfolge des § 550 BGB auslösen – dürften viele bisher als Schriftformverstoß eingestufte Abweichungen von den Vorgaben des § 550, wie sie z.B. bei Vertragsänderungen durch E-Mailkorrespondenz häufig auftraten, zukünftig ihren Schrecken verlieren.
Bemerkenswert ist, dass das Gesetz zugleich auch eine Übergangsvorschrift für das Gewerbemietrecht vorsieht, nach der das Textformerfordernis im Gewerbemietrecht auch für bereits vor in Kraft treten der Änderung abgeschlossene Verträge gilt. Das Gesetz sieht allerdings vor, dass auf solche bereits bestehenden Mietverhältnisse für eine Übergangsfrist von 12 Monaten noch die bisherige Rechtslage anzuwenden ist, so dass es für diesen Zeitraum insoweit auch bei der bisherigen Rechtsfolge des § 550 BGB im Falle eines Schriftformverstoßes verbleibt. Nach Ablauf der Frist und für Änderungen, die nach dem maßgeblichen Stichtag an Mietverträgen vorgenommen werden, soll hingegen (unmittelbar) die neue Textform maßgeblich sein.
Der Gesetzgeber begründet die Änderung vor allem damit, dass der vom historischen Gesetzgeber in erster Linie mit der Vorschrift des § 550 BGB verfolgte Schutz des Erwerbers einer vermieteten Sache auch durch das Textformerfordernis gewahrt bleibe, da dem Informations- und Dokumentationsbedürfnis hiermit ausreichend genügt werde. Aus Sicht eines Erwerbers kann diese Argumentation wenig überzeugen. Denn ein Erwerber wird sich zukünftig ein Bild von dem zu übernehmenden Vertragsverhältnis auch durch Prüfung der dazu bestehenden (E-Mail)Korrespondenz machen müssen. Zumindest die Gefahr einer auf einen Schriftformverstoß gestützten vorzeitigen Kündigung eines Gewerbemietraumverhältnisses wird sich aber in der Praxis deutlich verringern. Aus rechtlicher Sicht kann gleichwohl auch zukünftig nur dringend dazu geraten werden, die etablierte Praxis des schriftlichen Mietvertrags- und Nachtragsschlusses im Sinne des § 550 BGB fortzuführen. Insbesondere mündlich getroffene Nebenabreden bergen auch weiterhin ein erhebliches Risiko.
Erhebliche Auswirkungen wird die Gesetzesänderung voraussichtlich auch in der Immobilientransaktionspraxis nach sich ziehen. Insbesondere aus Erwerbersicht wird man das erhöhte Transparenzrisiko möglicherweise nur durch erhöhten Prüfungsaufwand und/oder verschärfte Garantieanforderungen auffangen können.