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Stoffpreisgleitklauseln als eierlegende Wollmilchsau?

31. Januar 2022

Die Hausse der Materialpreise hält an. Das als kurzfristig eingeschätzte Phänomen zieht sich nun doch hin und der Umgang hiermit lässt viele Fragen offen. Ein häufig diskutiertes Mittel ist die Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel. Sind diese aber tatsächlich probate Mittel zur Lösung?

Aktuelle Preissituation verlangt nach Lösungen

Als zu Beginn des letzten Jahres die Materialpreise für bestimmte Produkte schnell anstiegen, war vor allem für Auftragnehmer guter Rat teuer. Sie sind an ihre Kalkulation gebunden und Auftraggeber nicht zu etwaigen Anpassungen verpflichtet, jedenfalls wenn nicht besondere Umstände hinzukamen. Da oftmals Grenzen des finanziell Realisierbaren erreicht (oder überschritten) wurden, diskutierte man verschiedene Lösungen, wie zum Beispiel Ansprüche aus Wegfall der Geschäftsgrundlage. Als probates Mittel wurden auch schnell Stoffpreisgleitklauseln ins Feld geführt, die lange Zeit ein Schattendasein führten und fast vergessen schienen. Sprach man die Möglichkeit der Vereinbarung von Stoffpreisgleitklauseln in Verhandlungen an, so waren alle Parteien sofort guter Dinge und hielten sie für das Maß (oder die Lösung) aller Dinge.

Der Teufel steckt wie immer im Detail

Nun scheint sich jedoch im weiteren Verlauf die Euphorie eher in Ernüchterung zu wandeln, denn die Vereinbarung von Stoffpreisgleitklauseln ist schnell gesagt, aber gar nicht so einfach umgesetzt. Die Problematik findet sich auf verschiedenen Ebenen. Die rechtliche Ebene ist dabei noch nicht einmal die Entscheidende, aber natürlich relevant. Wie alle Klauseln, die mehrfach in gleicher Art und Weise vereinbart werden sollen, unterliegen auch Stoffpreisgleitklauseln der AGB-Kontrolle. Und eine häufig verbreitete Klausel aus dem Vergabehandbuch wurde vom BGH für unwirksam erklärt. Eine Anpassung ist zwar erfolgt, die Unsicherheit vor einem weiteren (noch ausstehenden) Verdikt des BGH bleibt jedoch. Die Einwände sollen hier nicht im Einzelnen aufgezählt werden, aber sie treffen auch auf andere konzipierte Klauseln zu.

Noch unüberwindlicher erscheint die tatsächliche Ebene. Die Berechnungsformeln von Stoffpreisgleitklauseln sind kompliziert. Wir verweisen hierzu allein auf die Berechnungserklärung zur Formel aus dem Vergabehandbuch des Bundes (siehe hier).

Sie setzen einen sehr offenen Austausch an Informationen z.B. hinsichtlich der Angebotskalkulation oder Vereinbarungen mit Lieferanten voraus, die Auftragnehmer aber nur äußerst ungerne preisgeben. Und weiter besteht die Gefahr, dass die entsprechenden Indizes sich auch tatsächlich jeden Monat verändern und die Preise daher angepasst werden müssen. Für Auftragnehmer schließt dies eine langfristige Kalkulation und Bindungen mit Herstellern eigentlich aus. Vom bürokratischen Aufwand, der hiermit verbunden ist, ganz zu schweigen.

Stoffpreisgleitklauseln eignen sich nicht für alle Konstellationen

Die Zeiten bleiben als schwierig. Die Vereinbarung von Stoffpreisgleitklauseln will wohl überlegt und sehr gut vorbereitet sein. Welche anderen Möglichkeiten bestehen, sich mit der aktuellen Preisvolatilität zu arrangieren, verraten wir Ihnen gerne im persönlichen Gespräch.

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