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Chancen und Risiken von flexiblen Netzanschlussvereinbarungen (FCA): Wie kommen Erneuerbare-Energien-Anlagen und Batteriespeicher künftig ans öffentliche Netz?

04. Juni 2025

Der Zubau von Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) und die verfügbaren Netzanschlusskapazitäten der Netzbetreiber stehen in einem sich verstärkenden Spannungsverhältnis. Trotz ihres Einspeisevorrangs können viele EE-Anlagen erst deutlich später als geplant an das öffentliche Netz angeschlossen werden, da der avisierte Netzausbau mehr Zeit in Anspruch nimmt als das Planen und Errichten von EE-Anlagen. Das führt dazu, dass Netzbetreiber Anschlussbegehren z. B. für Wind- und PV-Projekte oft nur mit deutlicher Verzögerung nachkommen können.

Dieser „Flaschenhals“ bei der Netzanschlusskapazität betrifft auch die Betreiber von Batteriespeichern. Zwar hat der Gesetzgeber im Jahr 2024 in § 17 Abs. 2a EnWG geregelt, dass Netzbetreiber den Anschluss von Batteriespeichern nicht mehr wegen des vorrangigen Anschlussbegehrens von insbesondere EE-Anlagen ablehnen können. Ohne verfügbare Netzanschlusskapazitäten wird aber auch der Ausbau von Batteriespeicherkapazitäten ausgebremst.

Hier setzen die neu geschaffenen Regelungen zu flexiblen Netzanschlussvereinbarungen (FCA) an. Sie schaffen den rechtlichen Rahmen, um den Anschluss an das und die Einspeisung in das öffentliche Netz trotz begrenzter Netzanschlusskapazitäten zu realisieren. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Umsetzungsmöglichkeiten dieser Regelungen in der Praxis – sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken für Projektierer und Anlagenbetreiber.

1. Mehr Flexibilität beim Netzanschluss durch das „Solarspitzengesetz“

Mit dem Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen (BGBl. 2025 I Nr. 51), kurz „Solarspitzengesetz“ genannt, hat der Gesetzgeber den Überbau von Netzanschlüssen im Rahmen von flexiblen Netzanschlussvereinbarungen ermöglicht. Die Neuregelungen (§ 8a EEG und § 17 Abs. 2b EnWG), sind zum 25. Februar 2025 in Kraft getreten.

Diese Neuregelungen erlauben es, EE-Anlagen und Batteriespeicher auch dann an einem Netzverknüpfungspunkt anzuschließen, wenn die Nennleistung über die an diesem Netzverknüpfungspunkt verfügbare Anschlusskapazität hinausgeht (Überbauung). Das setzt voraus, dass die projektierte Einspeiseleistung durch geeignete technische Maßnahmen entsprechend begrenzt wird. Die Abnahmepflicht des Netzbetreibers ist demgemäß auf den Anteil des Stroms begrenzt, der im Rahmen der vereinbarten maximalen Wirkleistungseinspeisung erzeugt wird (§ 11 Abs. 1 Satz 3 EEG). Erste Verteilnetzbetreiber werben bereits damit, individuelle (bilaterale) Vereinbarungen mit Anlagenbetreibern grundsätzlich zu ermöglichen und befassen sich zurzeit mit der Implementierung von entsprechenden Prozessen.

Auf welche Weise die maximale Einspeiseleistung begrenzt wird, können Netzbetreiber und Anlagenbetreiber im Prinzip frei vereinbaren. Folgende Optionen kommen in Betracht:

  • Statische Begrenzung: In diesem Rahmen wird eine konstante maximale Netzanschlussleistung unterhalb der Nennleistung vorgegeben. Eine Anlage mit einer Nennleistung von 100 kW kann in diesem Fall beispielweise konstant maximal 80 kW einspeisen.
  • Dynamische Begrenzung: Hierbei werden unterschiedlich hohe Netzanschlussleistungen in vordefinierten Zeitfenstern vereinbart. Beispielsweise kann vereinbart werden, dass in den Sommermonaten zwischen 10:00 Uhr und 16:00 Uhr nicht oder nur begrenzt eingespeist werden kann.
  • Volldynamische Begrenzung: Bei dieser Vereinbarung ist es möglich, grundsätzlich die technisch maximal verfügbare Nennanschlussleistung zu nutzen. Ereignisbedingt je nach Auslastung kann die Höhe der Anschlussleistung vom Netzbetreiber jedoch jederzeit beschränkt werden, ggf. bis auf eine vereinbarte Untergrenze. So kann etwa vereinbart werden, dass ab einer Auslastung von über 70 % die Anschlussleistung um 50 % und ab einer Auslastung von über 80 % um 75 % reduziert wird.

Als Alternative zur Überbauung eines vorhandenen Netzverknüpfungspunkts ermöglicht § 8 Abs. 2 Satz 2 EEG, EE-Anlagen an einen bestehenden Netzverknüpfungspunkt anzuschließen, die bereits von einer anderen Erzeugungsanlage genutzt werden („cable pooling“).

2. Rechtliche Rahmenbedingungen für EE-Anlagen

Betreiber von EE-Anlagen können mit ihren Netzbetreibern flexible Netzanschlussvereinbarungen nach § 8a EEG vereinbaren. Zudem bietet § 8 Abs. 2 EEG die Option, z. B. eine geplante PV-Anlage an den Netzverknüpfungspunkt einer bereits bestehenden z. B. Windenergieanlage anzuschließen. Die Gesetzesbegründung spricht insoweit zwar von einem Recht des Netzanschlussbegehrenden. Der Wortlaut des Gesetzes macht diese Umsetzungsmöglichkeit dagegen von der Zustimmung des anderen Anlagenbetreibers sowie etwaigen netzbetrieblichen Bedenken des Netzbetreibers abhängig.

Nach der Konzeption des § 8 Abs. 1-3 EEG werden EE-Anlagen am gesetzlichen Verknüpfungspunkt angeschlossen. Das ist grundsätzlich der Punkt, der im Hinblick auf die Spannungsebene geeignet ist und die in der Luftlinie kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage aufweist. Ausnahmsweise erfolgt der Anschluss an einer zwar weiter entfernten, aber technisch und gesamtwirtschaftlich günstigeren Anschlussstelle, wenn eine solche Stelle im konkreten Fall existiert.

Liegt der technisch und wirtschaftlich günstigste Verknüpfungspunkt größerer EE-Anlagen (> 30 kW) nicht an der Stelle mit der kürzesten Entfernung zur Anlage, muss der Netzbetreiber künftig nach § 8a Abs. 3 EEG prüfen, ob grundsätzlich der Abschluss einer flexiblen Netzanschlussvereinbarung möglich ist. Über das Ergebnis seiner Prüfung muss er den Anlagenbetreiber informieren. So soll gewährleistet werden, dass der Abschluss flexibler Netzanschlussvereinbarungen von den Netzbetreibern von Anfang an mitgedacht wird.

3. Rechtliche Rahmenbedingungen für Batteriespeicher

Für Betreiber von Batteriespeichern dürfte regelmäßig allein § 17 Abs. 2b EnWG maßgeblich sein, der flexible Netzanschlussvereinbarungen sowohl für die Entnahme als auch für die Einspeisung von Strom vorsieht. Im Gegensatz zu § 8a EEG, der lediglich eine Begrenzung der Einspeisung zulässt, deckt § 17 Abs. 2b EnWG damit die bidirektionale Fahrweise von Batteriespeichern ab.

Neben einem isolierten Netzanschluss eines Batteriespeichers können Batteriespeicher künftig auch im cable pooling mit anderen Anlagen eingesetzt werden. Beispielsweise können PV- oder Windenergieanlagen im Rahmen eines integrierten Anlagenkonzepts an einen Netzverknüpfungspunkt angeschlossen werden, an den bereits ein als Stand-alone-Variante betriebener Graustrom-Batteriespeicher angeschlossen wurde. Gegebenenfalls ist dann auch ein „multi-use“ des Speichers möglich. Auch für den gleichzeitigen Anschluss von EE-Anlagen und Graustrom-Batteriespeichern liegt diese Möglichkeit auf Grundlage des § 8 Abs. 2 Satz 2 EEG nahe (§ 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 EEG).

Daneben können in Co-Location betriebene Grünstrom-Batteriespeicher von der nun ausdrücklich gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit profitieren und an Netzverknüpfungspunkte vorhandener EE-Anlagen angeschlossen werden. Das gilt auch für einen gleichzeitigen Anschluss beider Anlagen.

Mangels einer entsprechenden Regelung im EnWG dürfte jedoch der Anschluss eines Graustrom-Batteriespeichers an einen Verknüpfungspunkt, an den bereits eine EE-Anlage angeschlossen wurde, auch weiterhin nur im Rahmen freiwilliger vertraglicher Vereinbarungen (§ 17 Abs. 1 EnWG) mit dem Netzbetreiber möglich sein. Insoweit kann jedoch in Frage gestellt werden, warum die Reihenfolge des Netzanschlusses Auswirkungen auf die Möglichkeiten zum cable pooling haben sollen.

4. Mindestanforderungen an die Ausgestaltung von flexiblen Netzanschlussvereinbarungen

In flexiblen Netzanschlussvereinbarungen sollten Anlagenbetreiber darauf achten, welche Mindest-Anschlussleistung dauerhaft garantiert wird und welche maximale Reduktionsmöglichkeit sich der Netzbetreiber vorbehält. Wird eine flexible Einspeisung zur Verfügung gestellt, sollten Betreiber zudem ein Augenmerk darauf legen, wie diese vergütet wird und welche Entschädigungsregelungen greifen, wenn die Einspeisung häufiger als vorhergesehen begrenzt wird. Eine Herausforderung dürfte es schließlich werden, zu vereinbaren, wie im Rahmen einer volldynamischen Begrenzung die Begrenzung der Anschlusskapazität von Redispatch-Maßnahmen abgegrenzt wird. Darüber hinaus sieht das Gesetz Mindestinhalte vor, die in jeder flexiblen Netzanschlussvereinbarung enthalten sein müssen. 

Gemäß § 17 Abs. 2b Satz 3 EnWG sind das: 

  • die Höhe der Begrenzung der Entnahme- oder Einspeiseleistung,
  • der Zeitraum oder die Zeiträume der Begrenzung der Entnahme- oder Einspeiseleistung, 
  • die Dauer der flexiblen Netzanschlussvereinbarung,
  • die technischen Anforderungen an die Begrenzung der Entnahme- oder Einspeiseleistung und
  • die Haftung des Anschlussnehmers (Anlagenbetreibers) bei Überschreitung der vereinbarten maximalen Entnahme- oder Einspeiseleistung.

Im Rahmen von § 8a Abs. 2 EEG sind insbesondere Regelungen zu treffen

  • zur Höhe der anschlussseitig begrenzten maximalen Wirkleistungseinspeisung, 
  • zu Zeitfenstern mit unterschiedlich hoch begrenzten maximalen Wirkleistungseinspeisungen, sofern dies ermöglicht werden soll,
  • zur Dauer der anschlussseitigen Begrenzung sowie zu den anschließend geltenden Regelungen, sofern die Begrenzung nicht dauerhaft vorgesehen ist,
  • zur Sicherstellung der technischen Anforderungen an die Begrenzung der maximalen Wirkleistungseinspeisung und
  • zur Haftung des Anlagenbetreibers bei Überschreitung der maximalen Wirkleistungseinspeisung.

Wenn mindestens zwei Anlagenbetreiber gemeinsam an einem Verknüpfungspunkt Strom in das Netz einspeisen, erfordert dies zudem eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Betreibern (Pooling-Vertrag). Damit wird die gemeinsame Einspeisung unter Einhaltung der flexiblen Netzanschlussvereinbarung koordiniert und zugleich das für die flexible Netzanschlussvereinbarung erforderliche Einverständnis des anderen Anlagenbetreibers zur Anschlussüberbauung zum Ausdruck gebracht (§ 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EEG). Gesetzlich vorgegeben ist zudem, dass ergänzende Regelungen zur gemeinsamen Verantwortung über die Einhaltung der Regelungen sowie zu einer gesamtschuldnerischen Haftung getroffen werden müssen (§ 8a Abs. 2 Satz 2 EEG).

In einer flexiblen Netzanschlussvereinbarung kann darüber hinaus insbesondere folgende Punkte abgebildet werden:

  • ein Messkonzept, mit dem die eingespeisten Strommengen voneinander abgegrenzt werden können,
  • eine Regelung dazu, wie die vorhandene Netzanschlusskapazität genutzt werden kann, wenn einzelne Anlagen aus dem cable pooling stillgelegt werden und
  • eine Regelung, die kommerziell sowohl die Eröffnung einer zusätzlich Anschlussmöglichkeit als auch eine mögliche Abregelung des Anschlusses abbildet.

5. Potenzielle Fallstricke

Durch die Neuregelungen entsteht kein gesetzliches Schuldverhältnis, das den Netzbetreiber zum Anschluss einer EE-Anlage an einen vorhandenen Netzverknüpfungspunkt verpflichtet. Sie ermöglichen künftig nur von regulatorischer Seite ausdrücklich den Abschluss einer flexiblen Netzanschlussvereinbarung, normieren aber keine Pflicht auf Seiten der Netzbetreiber. Ob Netzbetreiber einer solchen Lösung offen gegenüberstehen, hängt insbesondere davon ab, welche Bedenken im Einzelfall existieren. Diese können sich möglicherweise aus der Erzeugungsstruktur im avisierten Versorgungsgebiet (z. B. überwiegender Anteil von PV-Anlagen), aus ungeklärten Haftungsfragen oder mangels technischer Leitlinien zum Netzanschluss ergeben, die es dann auszuräumen gilt.

Daneben ist für das cable pooling stets die Zustimmung des bisherigen Anschlussnehmers erforderlich. Neben generellen Herausforderungen bei der Suche nach einem geeigneten Vertragspartner abhängig vom Netzgebiet, ist aktuell ungeklärt, ob potenzielle Vertragspartner ihre Zustimmung auch dann verweigern dürfen, wenn Einschränkung ihres Eigentums und ihrer wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit ausgeschlossen sind.

6. Fazit und nächste Schritte für künftige Projekte

Flexible Netzanschlussvereinbarungen sind eine sinnvolle Ergänzung des energiewirtschaftlichen Instrumentariums, um neue Projekte – gerade auch beim gemeinsamen Anschluss von EE-Anlagen und Batteriespeichern an einem Netzverknüpfungspunkt – überhaupt zu realisieren. In der Praxis müssen flexible Netzanschlussvereinbarungen jedoch erst noch erprobt werden; sie werden in Anbetracht der auch auf längere Sicht weiterhin begrenzten Netzanschlusskapazitäten jedoch künftig voraussichtlich noch genug Zeit haben, um ihren Nutzen unter Beweis zu stellen.

Projektierer wie Betreiber sollten die Vor- und Nachteile der einzelnen Optionen im konkreten Anwendungsfall prüfen und dabei insbesondere eruieren, bei welcher Begrenzung – und über welchen Zeitraum – das Projekt bei Rückgriff auf eine flexible Netzanschlussvereinbarung wirtschaftlich realisierbar bleibt. Darüber hinaus muss bei der Vertragsgestaltung stets im Einzelfall erörtert werden, welche Regelungen über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus sinnvollerweise aufgenommen werden sollten. Das betrifft insbesondere die Konstellationen des cable pooling, wenn als mehr als zwei Vertragsparteien und deren Interessen in Einklang zu bringen sind.

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